Bild nicht mehr verfügbar.

Ein Archivbild aus dem Wahlkampf 2006.

Foto: REUTERS/Heinz-Peter Bader

Ehrenhauser habe sich „ungehörig benommen“, erklärt er der APA, weil er ihm heute Missbrauch von Parteiförderungsgeldern vorwirft und – laut profil – auch bei der Staatsanwaltschaft anzeigte. Martin in einer Aussendung: "Die angeführten Vorwürfe sind haltlos und rufschädigend."

Das mit dem Verrat, das ist so eine Sache in der Politik: „Die Menschen lieben den Verrat, aber nicht die Verräter“, heißt eine alte Weisheit schon seit den Römern. In der Liste Hans-Peter Martin kommt dieser Ausdruck in verschiedensten Variationen scheinbar häufig zur Anwendung – und löst jedesmal außergewöhnlich nachhaltige Schlammschlachten aus.

Für die frühere EU-Abgeordnete Karin Resetarits, die ab 2004 für und mit Martin im EU-Parlament saß, endete das Abenteuer sogar mit einer Verurteilung vor Gericht, nachdem sie Martin Malversationen mit öffentlichen Geldern vorgeworfen hatte und seiner Liste den Rücken kehrte. Bis heute fühlt sie sich ungerecht behandelt.

Verräterisch ruppig ging es auch zu, als im Juli 2010 die heute freie EU-Abgeordnete Angelika Werthmann HP Martin den Rücken kehrte, und ausführlich dieselben Vorwürfe erhob, die jetzt Ehrenhauser gerichtsanhängig machte: Die Verwendung der Wahlkampfkostenrückerstattung aus 2009 sei völlig undurchsichtig, Martin solle den Wählern offenlegen, was er damit gemacht hat.

Dafür wurde sie nicht nur von Martin scharf attackiert, sondern damals eben auch von Ehrenhauser (siehe Europablogs Juli 2010). Ehrenhauser & Martin, das scheinbar unzerbrechliche Duo, verstieg sich gar zu dem Vorwurf, dass Werthmann mit ihrem Verhalten bei HPM einen Hörsturz ausgelöst hatte.

APA-Meldung vom 14. Juli 2010: Ehrenhauser hat Werthmann „Verrat an der Wählerliste HPM“ vorgeworfen. „Wir haben seit einiger Zeit feststellen müssen, dass sie sich um 180 Grad zu den Positionen der Liste von Hans-Peter Martin gedreht hat“, erklärte er, indem sie etwa für eine Zulagenerhöhung stimmte. Und: Es habe „Martin bis zur Selbstaufgabe versucht sie zurückzuholen“. Im Rahmen dieser Versuche und den Gesprächen habe Martin „einen Nervenzusammenbruch erlitten“.

Schnitt. April 2011, anderer Ort, andere Person: „Hans-Peter Martin scheint zu glauben, die 2,33 Millionen Euro für die Wahlkampfkostenrückerstattung gehören ihm persönlich. Er glaubt, er kann darüber verfügen, wie er will“, sagte mir vor ein paar Wochen ein ehemaliger Mitstreiter des EU-Abgeordneten. Vor zwei Jahren noch begeistert vom Image des Aufdeckers, dass man „Politik ganz anders machen kann, sauber und transparent“, ist jetzt Enttäuschung eingekehrt: „Er hat unsere Idee verraten.“

Schon wieder Verrat. Diesmal am Wähler, so der Vorwurf, weil er öffentliche Gelder von Martin angeblich für private Zwecke missbraucht habe, was dieser vehement in Abrede stellt. Alles sei rechtens und geprüft. Er werde sich für eine neuerliche Prüfung durch das Bundeskanzleramt aussprechen, hieß es gestern Nacht via Radio.

Ehrenhauser will laut profil Dokumente zugespielt bekommen haben, die darauf hindeuten, dass Martin sich zum Beispiel ein Haus in Tübingen auf Regimentskosten habe umplanen lassen. Mehrere Hunderttausend Euro aus der Parteikasse stünden infrage. Das wird nun der Staatsanwalt zu klären haben.

Wir hätten Ehrenhauser dazu gerne direkt befragt, aber der EU-Abgeordnete hat den Termin heute Vormittag leider nicht wahrgenommen. Der Abgeordnete hat nun für Montag zu einer Pressekonferenz in Wien geladen.

Schade. Ich hätte einige konkrete Fragen an ihn, den langjährigen Assistenten und engsten vertrauten von Hans-Peter Martin gehabt, zu den Papieren und Fragen, die von Listensympathisanten hin- und hergeschickt werden. Es kann ja nicht sein, dass er über all die Jahre nicht mitgekriegt hat, welche Usancen HPM an den Tag gelegt hat. Martin selbst will zur konkreten Verwendung der 2,33 Millionen aus Wahlkampfkostenrückerstattung, aber auch zur Verwendung von Mitteln aus EU-Töpfen für, sagen wir, eine Reihe von Sympathisanten der Liste HPM, konkret nichts sagen. Das machte er in diesem Blog, wo HPM hin und wieder auch selber postet, bereits mehrfach klar.

In der Affäre um Ernst Strasser hat HPM von den österreichischen EU-Abgeordneten eindringlich völlige Transparenz verlangt, eine Offenlegung von politischen und privaten Ämtern und Verhältnissen, damit der Wähler sich ein klares Bild davon machen kann, dass es keinen Missbrauch gibt. Dem VP-Abgeordneten Paul Rübig stellte Martin Fragen sogar in einer öffentlichen E-Mail.

Das wird nun, wenn die Zeichen nicht trügen, auch ihm selber passieren. In der (ehemaligen) Liste HPM brodelt es jedenfalls gewaltig: Es geht um prächtige Immobilien, eine Wohnung in Lech am Arlberg ebenso wie um ein großes Haus in der Kleiststraße 6 in Tübingen, um die Vermietung einer Wohnung in Wien, um jede Menge Honorare an Berater und Bekannte, um die Entschuldung eines jungen Mannes, die offiziell als „Sozialprojekt“ gelaufen sein soll, um Verquickungen mit Privatfirmen, darunter eine Firma, die HPMs Arbeit publizistisch vermarktet, um (Partei)Freunde des Vorarlbergers, die auf der EU-Lohnliste stehen sollen.

Besonders auffällig ist ein Gerald Aubrecht, Inhaber einer Werbefirma in Lochau. Er wurde im EU-Parlament noch Anfang 2011 als Mitarbeiter Martins geführt. Aufgefallen ist er erstmals aber schon im Juni 2009, kurz nach den EU-Wahlen. In einem E-Mail an zahlreiche Sympathisanten Hans-Peter Martins forderte er damals Angelika Werthmann zum „halben“ Mandatsverzicht auf. Hintergrund: Ehrenhauser stand nur auf Platz 4 der Wahlliste.

Damit er ein Mandat bekommen kann, hätte ein Kandidat vor ihm – Werthmann oder Robert Sabitzer – verzichten müssen. Martin wollte, dass Werthmann das Feld räumt, was zum ersten großen Krach führte. Interessant, was Aubrecht damals schrieb: „Hans-Peter habe ich aus Überzeugung (soviel ich über ihn weiß) unterstützt. Das Finanzielle spielte wirklich eine Nebenrolle.“

Das Finanzielle - in der Liste HPM eine Nebenrolle? Man wird sehen. Der österreichischen Innenpolitik steht die nächste Schlammschlacht bevor. Es gilt – wie immer – für alle Beteiligten die Unschuldsvermutung.

Samstag, 16. April, das Neueste: Hans-Peter Martin hat sich bisher zwar nicht persönlich gemeldet, hat aber gerade eine E-Mail geschickt.
Hier ist der volle Wortlaut:

"Die angeführten Vorwürfe sind haltlos und rufschädigend. Alle Aufwendungen der „Liste Martin" wurden bereits von amtlich bestellten Wirtschaftsprüfern in Österreich genau geprüft. Um Klarheit zu schaffen und weiteren Verleumdungen entgegen treten zu können, fordere ich das Finanzministerium bzw das Bundeskanzleramt auf, unverzüglich eine zweite amtliche Prüfung einzuleiten, gerne auch unter Beiziehung des unabhängigen Parteienforschers Hubert Sickinger.

Auch die drei konkret genannten „Fälle" im„Profil" treffen nicht zu. Zum Haus, das von mir auf Grund einer Erbschaft 2008 in Deutschland gekauft wurde und in dem meine Frau ihren Hauptwohnsitz hat: Die Umbaupläne wurden völlig getrennt von der \"Liste Martin\"mir persönlich gemäß Architekten-Leistungsverzeichnis in Rechnung gestellt und privat bezahlt. Auch wurden die Anwaltskosten für private Mietrechtsstreitigkeiten nicht in der „Liste Martin"verbucht; und auch die sonstigen für Anwaltskosten verbuchten Rechnungen betreffen ausschliesslich Leistungen für die „Liste Martin" im Abrechnungszeitraum.

Befremdlich ist, dass „Profil", obwohl diese inhaltlichen Dementis vor Redaktionsschluss vorlagen, diese nun in der Aussendung nicht berücksichtigt und falsche Tatsachenbehauptungen aufstellt.Martin Ehrenhauser stellt die Dinge auf den Kopf. Er war es, der für seine Projekte Geld wollte.

Die notwendigen rechtlichen Schritte sind bereits eingeleitet. Eine Anzeige wegen Verleumdung und sonstige rechtliche Ansprüche gegen Martin Ehrenhauser werden bereits geprüft, ebenso wie eine Anzeige wegen des Einbruchs in meine private EDV. Dies alles erinnert auffallend an die haltlosen Betrugsvorwürfe, denen ich bereits 2006 und 2007 durch politische Gegner ausgesetzt war. Schon damals brachen dann die Vorwürfe selbstverständlich in sich zusammen. Zurück blieb nur ein großer finanzieller und politischer Schaden." Ende des Zitats.