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Die Fahrt der ungarischen Güterbahn MávCargo zur ÖBB- Gütersparte Rail Cargo Austria wollten zahlreiche Berater begleiten. Zum Zug kam beim Millionen- auftrag - aus bis dato nicht nachvollziehbaren Gründen - die unbekannte Geuronet.

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Im Mai 2009 hätte sich der 380-Millionen-Euro-Deal gar von selbst in Luft aufgelöst.

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Wien - Mehr Fragen als Antworten wirft die Befragung von ÖBB-Managern über den Kauf der ungarischen Güterbahn MávCargo durch die ÖBB-Gütersparte Rail Cargo Austria (RCA) auf. Teilnehmer des Rechnungshof-Unterausschusses am 8. April beschreiben den "kleinen U-Ausschuss" als unbefriedigend. Nicht nur, weil sich zwei Hauptakteure des Deals, Ex-Güterverkehr- und Holding-Vorstandsdirektor Gustav Poschalko und András Gulya von der Agentur Geuronet, ihrer Befragung bis dato entzogen haben. Mandatare hegen auch Zweifel, dass die am 400-Millionen-Euro-Kauf Beteiligten diesen aufklären wollen.

Dabei sprechen die Fakten eine deutliche Sprache: Die ÖBB hat bei MávCargo, deren Bewertung in der RCA-Bilanz 2010 von 360 auf 120 Mio. Euro reduziert wurde, wertvolle Zeit verloren. Zwischen Kaufvertrag am 2. Jänner 2008 und Closing im Dezember 2008 verstrichen elf Monate. Laut Standard-Recherchen erfolgte die Anmeldung des Deals bei der EU-Wettbewerbskommission erst am 25. August 2008, also fast acht Monate nach Vertragsunterzeichnung durch den im Jänner 2008 teilweise abgetretenen RCA-Vorstand (Poschalko, Ferdinand Schmidt und Erich Söllinger). Bis August hatte die neue RCA-Führung (ab Februar Friedrich Macher und Günther Riessland) primär mit den österreichischen und ungarischen Kartellämtern verhandelt.

Die "einfache Prüfung" dauerte für Brüsseler Verhältnisse kurz: Im September 2008 stellten EU-Beamte klar, dass sie die österreichisch-ungarische "Raaberbahn" im ÖBB-geführten Konsortium nicht dulden würden. Die Alternative: Eine vertiefte EU-Prüfung, brachten es RCA und MávCargo in ihren Heimmärkten doch je auf 90 Prozent Marktanteil im Schienengüterverkehr. RCA unterwarf sich den EU-Auflagen widerstandslos.

Die Folge: Raaberbahn fiel auch als Mitzahler für MávCargo aus, sie hätte zu den 102 Milliarden Forint (380 Mio. Euro) immerhin 95 Mio. Euro beigesteuert. Dass RCA den Deal im Dezember 2008 allein durchzog, obwohl der Aufsichtsrat ein "binding offer" nur im Konsortium mit Raaberbahn genehmigt hatte, ist ein weiterer Teil im MávCargo-Puzzle. Zumindest eines zeigt der Zeitablauf: Es war nicht nur die EU, die RCA in Ungarn um Zeit und Maßnahmen gegen die Wirtschaftskrise brachte.

Im Worst Case hätte RCA vom MávCargo-Kauf übrigens abspringen können: Der Kaufvertrag mit Verkäufer Máv war zwar unkündbar, wäre aber im Mai 2009 ausgelaufen - im Fall unannehmbarer EU-Auflagen. So weit kam es aber nicht, der ÖBB-Führung war MávCargo strategisch extrem wichtig.

Den Beratern der RCA konnte dies recht sein. Sie wären im Fall eines Rückzugs um den Großteil ihres Honorars umgefallen. Laut Vertrag mit Geuronet lag das Erfolgshonorar in der Bandbreite von 4,8 bis 5,6 Mio. Euro. Die basiert auf folgender Formel: Von 150.000 Euro bis 275 Mio. Euro Kaufpreis gab es gestaffelt 5,5 bis 2,0 Prozent Provision, ab 275 Mio. Euro 1,75 Prozent. Gezahlt hat RCA - je nach Quelle - 6,1 oder 6,6 oder 7,1 Mio. Euro. Warum Geuronet 2009 sogar der höhere Forint-Kurs vom Dezember 2008 gezahlt wurde, begründeten die Ex-RCA-Chefs Macher und Riessland im Parlament mit dem Vertrag.

Berner hat nicht "gebuhlt"

Dass solche Aufträge begehrt sind, liegt auf der Hand. Als Dienstleister hatten sich, wie berichtet, Geuronet, Hochegger, Eurocontact und Mensdorff-Pouilly beworben. Willi Berner, im Jahr 2000 Kabinettschef von Verkehrsminister Michael Schmidt, war, anders als im Standard am 9./10. April 2011 berichtet, nicht dabei. Er legt Wert auf die Feststellung, sich weder um einen Beraterauftrag im Zusammenhang mit dem Kauf von MávCargo durch die ÖBB beworben noch um einen solchen "gebuhlt" zu haben. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD; Printausgabe, 20.4.2011)