Für Herbert Haupt, Meister der vernuschelten Satzungetüme, war es eine Aussage von erstaunlicher Klarheit: Nach Tagen des Lavierens zwischen Koalitionstreue und dem Pensionsreformrebellen Jörg Haider hat er sich gegen die Regierungslinie entschieden und eindeutig den geplanten Termin für den Beschluss der Pensionsreform infrage gestellt. Begleitet wird diese Parteinahme des formellen FPÖ-Chefs gegen die ÖVP von verkappten blauen Neuwahldrohungen. Und von koketten Haider-Andeutungen nach dem Treffen mit Alfred Gusenbauer im "Ludersdorfer Hof", für die SPÖ das Pensionsluder zu geben und die Koalition über die Pensionsreform platzen zu lassen.

Ein Spiel mit dem Regierungsende, von dem sich die FPÖ einiges erhofft: Die Pensionskürzungen treffen ihre verbliebenen Kernwähler, ein Beschluss der Reform würde das Image der Beschützer des kleinen Mannes weiter untergraben. Dramatisch inszeniertes Aufbegehren gegen soziale Einschnitte hingegen könnte manche der 630.000 FPÖ-Wähler, die zuletzt zur ÖVP wechselten, zurückgewinnbar machen. Denn das emotionale Thema Pensionsreform eignet sich nachgerade ideal zum Kampagnisieren. Das Plakat - "wir sichern die Pensionen, aber sozial und gerecht" - hätte die FPÖ schon parat.

Sicher: Ein erklecklicher Teil der blauer Neuwahlgelüste fällt genauso unter des Kapitel Theaterdonner wie der öffentliche rot-blaue Flirt. Und dient weniger dazu, das Regierungsende einzuläuten, als die Pensionsreform-Hardliner in der ÖVP unter Druck zu setzen und zu tiefgreifenderen Änderungen zu bewegen. Selbst nach Abzug dieses Inszenierungsfaktors bleibt aber ein Kern: Die FPÖ ist offenbar nicht bereit, Wolfgang Schüssels Pensionsreform so mitzutragen. Auch auf das Risiko hin, dass damit Schwarz-Blau II noch schneller endet als Schwarz-Blau I.(DER STANDARD, Printausgabe, 17./18.5.2003)