Wien - Serge Sabarsky, aus Wien gebürtiger und 1938/39 über Paris nach New York emigrierter Kunstsammler, zitierte gerne einen Dialog bei einer Partie Klabrias, dem jüdischen Pendant zum Bridge: "He, Sie schauen mir in die Karten!" - "No na, hasardieren werd' ich." Mit diesem Witz umschrieb der charmante und geistreiche Galerist, spezialisiert auf deutschen und österreichischen Expressionismus, sein Erfolgsrezept.

Mit ihm lässt sich aber auch die Haltung des Sabarsky-Trust im Zusammenhang mit der Schau Serge Sabarsky - Ein Wiener Sammler in New York umschreiben, die am 21. Mai im Historischen Museum hätte eröffnet werden sollen:

US-Rechtsanwalt Michael Lesh, Verfügungsberechtigter der Stiftung und Vollstrecker des Testaments von Vally, der kürzlich verstorbenen Witwe nach Serge Sabarsky, bestand im Vertrag mit dem Museum auf einen speziellen Passus. Dieser sollte den uneingeschränkten Schutz vor privaten und behördlichen Ansprüchen sowie die Übernahme einer Schadensersatzpflicht garantieren. Verlangt wurde also eine unbegrenzte Haftung des Museums für jegliche Rechtskonflikte, die sich aus eventuellen Eigentumsstreitigkeiten oder Beschlagnahme-Klagen um die ausgestellten Werke (von Schiele, Kokoschka, Dix, Beckmann) hätten ergeben können.

Bis vor kurzem wurde zwar über eine Eliminierung oder Abmilderung des Vertragspassus verhandelt, aber erfolglos: Direktor Wolfgang Kos, der das Projekt von seinem Vorgänger Günter Düriegl übernommen hatte und begeistert mittrug, sagte die Ausstellung ab. Obwohl bereits der Katalog (samt einem Essay von Sabarsky-Biograf Hans Haider) und die Gestaltung der Schau mehr oder weniger fertig gestellt waren.

"Wir waren mit einer prohibitiven Forderung konfrontiert", begründet Kos die Entscheidung. Denn das Risiko sei, wie der Anwalt des Historischen Museums versichert hätte, "absolut unabsehbar und nicht versicherbar".

Das Beharren des Sabarsky-Trust auf den Passus legt daher die Vermutung nahe, dass sich unter den Werken (30 Ölgemälde und 85 Arbeiten auf Papier) auch das eine oder andere befinden könnte, dessen Provenienz nicht gesichert ist.

Ursula Storch, die Wiener Kuratorin der Ausstellung, weiß zwar, dass die Exponate vom Sabarsky-Trust geprüft wurden. Aber: "Wir konnten die Provenienzen nicht checken. Und können daher nicht darauf vertrauen, dass alles seine Richtigkeit hat." Zudem kommt, dass theoretisch auch ungerechtfertigte Ansprüche angemeldet werden könnten - wie Ende der 90-er Jahre am Schiele-Gemälde Tote Stadt III aus der Sammlung Leopold, das monatelang in New York beschlagnahmt war.

Man will nun versuchen, die "grandiose, für Wien wichtige Ausstellung" zu einem späteren Zeitpunkt zu zeigen. (Thomas Trenkler/DER STANDARD; Printausgabe, 17.05.2003)