Aitzet und Poledance-Schülerinnen: Hartes Training, blaue Flecken und anfangs Angst runterzuplumpsen "wie ein Kartoffelsack".

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Wien - Sexy? Nein, an Demi Moore, prickelnde Erotik oder gar die hohe Kunst der Veführung habe sie im Training nie gedacht, gesteht Bettina B. : "Klar: Wenn man es wirklich kann, ist es super erotisch. Aber die meiste Zeit hängst du mit verkrampften Händen und extrem unentspanntem Gesichtsausdruck wie ein Äffchen in der Luft - und musst aufpassen, nicht wie ein Sack Kartoffeln hinunterzuplumpsen."

Dennoch, so die PR-Beraterin, ziehe sie es vor, nicht mit vollem Namen aufzuscheinen, sobald sie von ihrer "Karriere" als Stangentänzerin spricht: "Diese Blicke brauche ich nicht." Obwohl die nur "von Leuten kommen, die keine Ahnung haben." Mit "Leuten" meint Frau B. Männer.

Unterricht in zwei Fitnesscentern

Männer sind tatsächlich ahnungslos. Denn das, was seit einigen Jahren in Tanzstudios und Fitnesscentern in den USA als "next big thing" gilt, hat nur den Namen "Poledance" mit Shows in grindigen Stripschuppen gemein, betont Conny Aitzet.

Aitzet ist Bühnentänzerin und Tanzlehrerin. Poledance unterrichtet sie derzeit in zwei Wiener Fitnesscentern. Der Markt, weiß die Tänzerin, die zuletzt bei der jugendfreien Tour von David Hasselhoff um die Stange wirbelte, sei da: International gebe es lukrativ vermarktete Trainingssysteme - und Wettbewerbe. Nun greife der Trend auch auf Österreich über. Doch Poledance sei mehr als Show: "Das ist ein extrem forderndes Tanztraining. Ein Fitnesstraining, das Kraft, Ausdauer, Koordination und Körperbeherrschung fördert und fordert."

Eher nicht fürs Schlafzimmer

Darum, so Aitzet, kämen Frauen, die mit der Tanzstange (die gibt es im Sportartikelhandel) mehr Pepp ins Schlafzimmer bringen wollen, schon zur zweiten Stunde nicht mehr: "Um das so zu bringen wie in den Filmen, muss man lange und hart trainieren."

Doch dann, ergänzt Hobby- Poledancerin B., habe man wohl einen "so ausdefinierten Körper wie Madonna. Ob ich mich da noch sexy fände, weiß ich nicht." B. selbst kam an die Stange, als "ich etwas anderes als Laufen und Fitnesscenter probieren wollte". In einem Tanzstudio wurde sie fündig: "Es gab Spaß - und blaue Flecken: Wenn du dich als Laiin mit der Hüfte um eine Eisenstange wickelst, hinterlässt das Spuren."

Nicht nur Popo-Wackeln

Dass man Letztere weder in Wiener noch in US-Go-go-Bars sieht, hat laut Trainerin Aitzet unterschiedliche Gründe: "Ich habe mir hier Stripclubs angeschaut: Sich an einer Stange festzuhalten und mit dem Popo zu wackeln hat mit Tanz nichts zu tun. Und die US-Tänzerinnen sind Profis. Dort hat Poledance einen anderen Stellenwert - sonst hätte das doch nie den Sprung in die Fitnesscenter geschafft."

Die Nachfrage ("Nur einmal hat sich ein Mann angemeldet - der aber nicht kam"), sagt Aitzet, sei nun auch hier da. Darum will sie im Herbst ein eigenes Studio eröffnen. Doch so knallrosig sieht Pole-Ausprobiererin Bettina B. die Zukunft des Trends nicht: "Ein super Ding - wenn man kontinuierlich intensiv trainiert. Mir war das aber einfach zu anstrengend - drum habe ich wieder aufgehört." (Thomas Rottenberg, DER STANDARD-Printausgabe, 23./24./25.4.2011)