Wien - Wiens Bürgermeister und Landeshauptmann Michael Häupl (SPÖ) geht davon aus, dass Interims-Vorstandschef Christoph Herbst nach seiner vorübergehenden operativen Führung des börsenotierten Flughafen Wien wieder als Aufsichtsratschef des Airports fungieren wird. Bis zu diesem Zeitpunkt werde allerdings der - der SPÖ zugerechnete - Gesiba-Chef Ewald Kirschner als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender die Geschäfte des Aufsichtsrats führen, sagte Häupl in seiner wöchentlichen Pressekonferenz am Dienstag.

Wien hält - wie Niederösterreich - über einen Syndikatsvertrag 20 Prozent am Flughafen. "Naturgemäß ist es so, dass ihm (Herbst, Anm.) ein Rückkehrrecht eingeräumt wurde, wenn er ausscheidet aus seiner Funktion als Vorstand", und dieses Rückkehrrecht solle Herbst auch haben, betonte Häupl.

Bis dahin könne ein Aufsichtsrat allerdings nicht "kopflos leben". Wenn daher Kirschner anstelle von Karl Samstag - er zieht sich unerwartet als interimistischer Aufsichtsratsvorsitzender zurück - in den Aufsichtsrat des Flughafens einrücke und stellvertretender Aufsichtsrat werde, "so wird er bis zur Rückkehr des Herrn Dr. Herbst die Geschäfte als Aufsichtsratsvorsitzender führen".

Der Wiener Landeshauptmann stellte sich heute hinter Herbst. "Ganz dezidiert habe ich, haben wir nicht das geringste Interesse, den Herrn Dr. Herbst aus dem Flughafen hinauszudrängen - im Gegenteil. Wir schätzen seine Arbeit überaus und sind froh, dass er da ist", versicherte Häupl.

Absage an Privatisierungsideen

Eine Absage erteilte Häupl heute den Privatisierungsideen von Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP). Er erinnere sich an die gemeinsame Argumentation, eine strategische Minderheit am Airport zu halten, um regionale Interessen vertreten zu können. "Für mich hat sich an dieser gemeinsamen Argumentation nichts geändert", stellte das Stadtoberhaupt klar. Er könne auch nicht erkennen, dass die Internationalisierung des Flughafens ein Grund für eine Privatisierung sei: "Ich sehe die Argumente dafür zur Stunde nicht."

Fixiert wird die nach Samstags Abgang vakante Spitze des Kontrollgremiums diese Woche. Morgen, Mittwoch, beraten die Haupteigentümer in einer Syndikatssitzung im Vorfeld der Hauptversammlung am Freitag. In der Aktionärsversammlung werden die neuen Aufsichtsräte einziehen, und in einer konstituierenden Sitzung der Räte wird dann formal das Präsidium gekürt.

Für den Fall, dass ihm das Rückkehrrecht an die Spitze des Aufsichtsrates jetzt streitig gemacht worden wäre, hat der jetzige Vorstandschef Herbst seinen vorzeitigen totalen Rückzug aus dem Flughafen erwogen. Der Jurist Herbst amtiert erst seit Jahreswechsel als neuer Vorstandschef, allerdings nur interimistisch. An einer dieser Tage zu publizierenden Flughafen-Vorstandsausschreibung wird er sich nicht bewerben. Herbst interessiert sich aktuell für die freigewordene Position eines Verfassungsrichters. 

Strache vermutet "Roten Postenschacher"

 

FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache wettert gegen die geplante vorübergehende Besetzung des Aufsichtsrat-Chefpostens beim Flughafen Wien. Er sieht darin einen "Roten Postenschacher" und vermutet, dass SPÖ-Finanzstadträtin Renate Brauner die Fäden hinter der Personalbestellung gezogen hat. Die Stadt Wien und das Land Niederösterreich sind die bestimmenden Aktionäre am Flughafen. Strache sieht in der Bestellung des als SPÖ-nahe geltenden Kirschner auch ein innerparteiliches Manöver der SPÖ Wien - demnach wolle sich Brauner als Nachfolger von Bürgermeister Häupl in Position bringen. (APA)