Vor fast einem Jahrzehnt wurde auf diesen Seiten über die Zukunft des Tourismus in Wien berichtet: Mit Hilfe der neuen UMTS-Handys sollten sich Touristen künftig durch die Stadt führen lassen können.

"Lol@ ist in der Lage, die Position des Benutzers genau zu bestimmen und ihn zu touristisch interessanten Plätzen zu führen." Heute würde man Lol@ eine App nennen, das die Fähigkeit von Handys zur Standortbestimmung nutzt - ein Location-based Service.

"Billig Tanken"

Neun Jahre nach diesem und unzähligen anderen Berichten über ähnliche Projekte ist zwar Lol@ sanft entschlafen. Die vielfältige Verwendung von Standortdaten ist hingegen Alltag, von "simpler" Navigation, der Erklärung des nächtlichen Sternenhimmels oder Bergspitzen in der Umgebung bis zu Ortsmarken auf Fotos, Suche nach "Billig Tanken" oder Four- square und Facebook Places, um Freunden mitzuteilen, wo man gerade "eingecheckt" hat.

"Schatzi, wo bist du jetzt?" war von jeher eine häufige Eröffnungsphrase mobiler Telefonate, weil wir unser Gegenüber verorten wollen - als wir noch Privat- und Büronummern anriefen, war das unnötig. Als die Techniker, die den Mobilfunkstandard GSM entwickelten auch SMS erfanden, waren die Marketingleute ratlos, wer Textnachrichten senden wollte, da man doch anrufen konnte. Jugendliche in Finnlands Hauptstadt Helsinki zeigten ihnen dann wozu: Um Kosten zu sparen informierten sich die am Wochenende herumziehenden Cliquen via SMS über ihre Standorte. Heute gibt es dafür Google Latitude, die Anzeige der Freunde auf der Handy-Karte.

Ihr Handy weiß also, wo Sie sich befinden, und wer die zahllosen Anfragen, dass diese oder jene App "Ihren Standort verwenden" will nicht einfach blind weggeklickt hat weiß auch, dass das Handy (und sein Anbieter wie Apple, Google, Microsoft oder Nokia) dies weiß. Die Entrüstung darüber ist schwer nachvollziehbar - schließlich werden diese Dienste von Millionen auch genutzt, sei es auch als Spiel.

Damit könnte die eifersüchtige Freundin den Freund des Seitensprungs überführen

Besonders paradox die "Enthüllung" zweier Experten, dass am iPhone ein "Bewegungsprofil" gespeichert (aber nicht übermittelt) wird: Damit könnte die eifersüchtige Freundin den Freund des Seitensprungs überführen. Dazu schrieben die Experten gleich eine kleine Software, die eifersüchtigen Freundinnen ohne extensive Linuxkenntnisse das einfach macht. Es gibt eben wirklich für alles eine App.

Apple hat, nach österlicher Nachdenkpause, Mittwoch endlich eine Stellungnahme veröffentlicht, wozu diese Daten eigentlich am iPhone sind. Der Kernpunkt: Das "Bewegungsprofil" ist eine Datenbank mit Wi-Fi-Netzen der Umgebung, die aber vom tatsächlichen Standort um einiges entfernt sein können. Diese Wi-Fi-Hotspots werden von iPhones registriert und anonymisiert in eine Datenbank gefüttert. Das ermöglicht es, sehr rasch den Standort anzuzeigen - während GPS dazu mehrere Minuten brauchen kann.

Und warum werden die Daten dann ein Jahr lang am Handy gespeichert? "Es ist ein Bug" - der in Kürze behoben werden soll. Eine Vermutung, die übrigens davor schon ein Techblog geäußert hat. (helmut.spudich@derStandard.at, DER STANDARD Printausgabe, 28 .April 2011)