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Das Haus von Saif Al-Arab ist schwer beschädigt. Wie die libysche Regierung behauptet, ist es bei einem NATO-Luftangriff schwer getroffen worden.

Foto: Reuters/Louafi Larbi

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Neben Saif al-Arab, Muammars jüngstem Sohn, sind auch drei Enkelkinder ums Leben gekommen. Auch der Machthaber selbst habe sich im Haus befunden, sei aber unverletzt geblieben.

Die Bilder wurden bei einer Tour der Regierung für westliche Journalisten aufgenommen.

Foto: Reuters/Louafi Larbi

Tripolis - Der libysche Machthaber Muammar al-Gaddafi hat in der Nacht auf Sonntag einen NATO-Luftangriff auf seine Residenz überlebt, bei dem sein jüngster Sohn Saif al-Arab und drei Enkelkinder ums Leben kamen. Der libysche Regierungssprecher Mussa Ibrahim verurteilte den "gezielten Angriff" auf Gaddafi als Verletzung des Völkerrechts. Die NATO betonte, dass der Luftschlag einem "Kommandozentrum" im Tripoliser Stadtteil Bab al-Aziziya gegolten habe. "Die Luftschläge richten sich auf militärische Ziele, nicht auf Individuen", hieß es.

Das libysche Fernsehen zeigte Bilder von dem Haus des Gaddafi-Sohnes, das bei dem Angriff völlig zerstört wurde. Muammar al-Gaddafi und seine Frau hätten sich im Gebäude aufgehalten, seien aber unverletzt geblieben, berichtete Ibrahim. Er verurteilte den Luftangriff scharf. "Jetzt gilt offenbar das Faustrecht. Es ist nun allen klar, dass das, was in Libyen derzeit passiert, nichts mit dem Schutz von Zivilisten zu tun hat." Augenzeugen hatten am späten Samstagabend von drei schweren Explosionen im Stadtteil Bab al-Aziziya berichtet, in dem sich Gaddafis Residenz befindet. Über der Stadt wurden NATO-Flugzeuge gesehen. Nach den Explosionen war Flugabwehrfeuer zu hören.

Britischer Premier: Tod von Gaddafis Sohn ist "unbestätigt"

Der britische Regierungschef David Cameron hat Zweifel am angeblichen Tod eines Sohnes von Libyens Machthaber Muammar el Gaddafi geäußert. Es handle sich bisher lediglich um einen "unbestätigten Bericht" der Regierung in Tripolis, den er nicht weiter kommentieren wolle, sagte Cameron am Sonntag dem britischen Rundfunksender BBC.

Der britische Premier versicherte zugleich, die NATO folge bei der Auswahl ihrer Ziele den Vorgaben der Libyen-Resolution des UN-Sicherheitsrates. Aufgabe des Einsatzes sei es, den Tod von Zivilisten durch Gaddafis "Kriegsmaschinerie" zu verhindern, sagte Cameron. "Es geht eher darum, auf Kommando- und Kontrollzentren zu zielen als auf Einzelpersonen."

Freudenfeier in Bengasi

Die NATO bombardiert seit Wochen militärische Ziele in Libyen. Grundlage dafür ist eine UNO-Resolution, die den Einsatz von militärischer Gewalt zum Schutz von Zivilisten in dem Bürgerkriegsland erlaubt. Die NATO-Angriffe werden als Unterstützung für die gegen Gaddafi kämpfenden Rebellen gesehen, die den Osten des Landes kontrollieren. In der Rebellenhochburg Bengasi löste die Todesnachricht des Gaddafi-Sohnes in der Nacht auf Sonntag spontane Freudenfeiern auf den Straßen aus. Der Tod von Saif al-Arab bedeute, dass sein Vater nun schwächer sei als zuvor, hieß es. Das Staatsfernsehen zeigte dagegen Gaddafi-Anhänger in Tripolis, die gegen den Angriff protestierten.

Ein NATO-Sprecher bestätigte den Luftangriff, doch habe dieser nicht Gaddafi gegolten. "Die Luftschläge richten sich auf militärische Ziele, nicht auf Individuen", sagte ein Sprecher der Militärallianz am Sonntag in der Früh. Die libyschen Angaben über die Tötung von Mitgliedern der Gaddafi-Familie bezeichnete das Verteidigungsbündnis als "unbestätigte Medienberichte". Man bedauere aber jedes Opfer.

Moskau kritisiert Angriffe auf Gaddafi-Familie

Russland hat die NATO-Luftschläge auf einen Sohn und drei Enkelkinder des libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi scharf kritisiert. Man zweifle an der Erklärung der Allianz, wonach die Tötung Gaddafis kein Ziel des Militärbündnisses sei, teilte das Außenministerium in Moskau am Sonntag nach Angaben der Agentur Interfax mit.

Der Tod von Familienangehörigen Gaddafis stehe im klaren Widerspruch zur Resolution des Weltsicherheitsrats, in der Angriffe nur zum Schutz von Zivilisten erlaubt seien. Der Chef des Auswärtigen Duma-Ausschusses, Konstantin Kossatschow, sprach von einer "groben Einmischung" der NATO.

 

Saif al-Arab

Saif al-Arab ist nicht zu verwechseln mit Gaddafis zweitältestem Sohn und möglichem Nachfolger, dem Wahl-Wiener Saif al-Islam. Über den 29-Jährigen Saif al-Arab ist wenig bekannt. Der sechste Sohn Gaddafis hielt sich zwischen 2006 und Februar 2011 in München auf, wo er einen Sprachkurs und ein Studium absolvierte. Er soll sich auch als Baumaschinenhändler verdingt haben. Der Polizei fiel der Gaddafi-Sohn wegen seines besonders lauten Ferraris und Schlägereien in Nobel-Diskotheken auf. Die deutsche Justiz ermittelte gegen ihn auch wegen des Verdachts, im Jahr 2008 in einem Diplomatenauto Waffen transportiert zu haben.

Der Angriff ereignete sich einen Tag nachdem Muammar al-Gaddafi in einer Fernsehansprache einen Machtverzicht kategorisch ausgeschlossen hatte. Er werde sein Land nicht verlassen und "bis zum Tod kämpfen", sagte der seit 1969 autokratisch herrschende Oberst. Er sei aber zu Verhandlungen mit Frankreich und den USA bereit. "Wenn sie das Öl wollen, werden wir Verträge mit ihren Firmen abschließen, es ist nicht nötig, Krieg zu führen." Während Gaddafis Ansprache schlug eine NATO-Bombe nahe des Fernsehgebäudes in Tripolis ein.

Die Kämpfe zwischen Regierungstruppen und Rebellen konzentrierten sich indes weiter auf die Hafenstadt Misrata. Die Gaddafi-Truppen setzten am Samstag ihre Angriffe auf den Flughafen der von 300.000 Menschen bewohnten Stadt fort. In der seit sieben Wochen von Regierungstruppen belagerten Stadt funktionierte am Wochenende das Handynetz wieder, und die französische Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen" (MSF) kündigte die Lieferung von 20 Tonnen Medikamenten an. Die NATO hinderte Gaddafi-Einheiten nach eigenen Angaben daran, im Hafen Wasserminen zur Zerstörung von Schiffen zu installieren. (APA/Reuters/AFP)