Graz - Die Struktur eines Proteins, das bei der Herstellung von Antibiotika der Gruppe der Nikkomycine durch Bakterien eine wesentliche Rolle spielt, wurde mit Hilfe einer neuen Methode von einem Grazer Biowissenschafter entschlüsselt. Die an der University of Washington entwickelte Methode wurde in der jüngsten Ausgabe der Wissenschaftszeitschrift "Nature" veröffentlicht - mit Gustav Oberdorfer vom Zentrum für Molekulare Biowissenschaften als Mitautor.

Hintergrund

Nikkomycine sind vielfältig einsetzbare Antibiotika. "Sie wirken hemmend auf ein Chitin aufbauendes Enzym und somit gegen Pilze und Insekten", informiert Gustav Oberdorfer. Vielversprechend seien sie u.a. in der Behandlung von Menschen mit einem geschwächten oder unterdrückten Immunsystem, wie etwa AIDS-Kranken sowie Patienten nach Organtransplantationen oder während einer Chemotherapie.

Für die Pharmaindustrie werden Nikkomycine zurzeit auf dem Weg der organisch-chemischen Synthese erzeugt - ein zeit- und kostenintensives Verfahren. Bakterien (verschiedene Streptomyces-Arten) erzeugen jedoch ebenfalls Nikkomycine, jedoch nicht in ausreichenden Mengen. Nun arbeitet man daran, das Verfahren aus der Natur zu "kopieren" und im industriellen Maßstab anzuwenden.

Strukturaufklärung

Erst einmal gilt es, die dreidimensionale Struktur jener acht Proteine aufzuklären, die an der Biosynthese der Bakterien beteiligt sind. Eines von ihnen hat Gustav Oberdorfer im Rahmen seiner Dissertation entschlüsselt. Während eines Forschungsaufenthalts an der University of Washington in Seattle ist es ihm kürzlich dank einer neu entwickelten Methode gelungen, erstmals die Struktur des Proteins "NikO" zu lösen.

Oberdorfer hat das Protein kristallisiert und dann mittels Röntgenstrukturanalyse untersucht. Dabei gibt das Beugungsmuster der Röntgenstrahlen, wenn sie auf das Kristallgitter treffen, Auskunft über den atomaren Aufbau. "Doch leider liefern diese Messungen kein vollständiges Bild der Struktur", so der Forscher. Das Problem konnte er mit Hilfe eines neuen in Seattle entwickelten Verfahrens lösen. Dabei wurden Elemente aus der computerunterstützten Strukturvorhersage mit den experimentell gemessenen Daten kombiniert, um unter großem rechnerischen Aufwand geeignetere Modelle zu schaffen. Erst diese verbesserten Vorlagen machten die Strukturlösung möglich.

Gustav Oberdorfer ist Teilnehmer des Doktoratkollegs "Molekulare Enzymologie", gefördert vom Österreichischen Wissenschaftsfonds FWF, und forscht in der Arbeitsgruppe "Strukturbiologie" um Karl Gruber am Institut für Molekulare Biowissenschaften der Uni Graz. Im Nikkomycin-Projekt kooperieren die Forscher der Uni Graz mit dem Institut für Biochemie der TU Graz unter der Leitung von Peter Macheroux. (APA)