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Verschwundene deutsche Touristen am Tin-Taradjelli-Pass im Tassili n'Ajjer Gebirge (200 Kilometer südöstlich der Oase Illizi) in Algerien.

Foto: apa/dpa/jung

Algier/Salzburg - Wie die Tageszeitung El Khabar am Sonntag meldete, ist der Chef der algerischen Gegenspionage, Generalmajor Smain Lamari, seit Freitag (zusammen mit deutschen Polizisten) in der südöstlichen Stadt Illizi. Den Geiselnehmern werde im Gegenzug für die Freilassung ihrer 15 Gefangenen - zehn Deutsche, vier Schweizer und ein Niederländer - freier Abzug aus Algerien oder Straffreiheit angeboten. Zugleich habe die Armee Nachschub an Männern und Material bekommen und warte auf den Befehl für einen Angriff.

Die Zeitung El Watan berichtete, dass die Armee die flüchtigen Geiselnehmer der ersten Gruppe jage. In der Nähe des Verstecks der 17 befreiten Sahara-Touristen seien 13 Raketenwerfer ägyptischer Fabrikation gefunden worden. Dies könne auf Verbindungen zu den Terrorgruppen von Al-Kaida hinweisen. Die Geiselnahme ist der Zeitung zufolge "mindestens ein Jahr lang gut vorbereitet worden". Die Geiseln, darunter zehn Österreicher, waren am vergangenen Dienstag befreit worden. Amtlicherseits wurde keine dieser Meldungen bestätigt.

Streitparteien

Die zehn heimgekehrten österreichischen Geiseln sind indes mit der Aufarbeitung ihrer 51 Tage dauernden Gefangenschaft beschäftigt. Dabei müssen sie nicht nur das Erlebte bewältigen, sondern sich auch mit heftigen Konflikten innerhalb der Gruppe beschäftigen.

Im Zentrum der Kritik steht der Reiseleiter Gerhard Wintersteller. Ihm werfen mehrere Exgeiseln vor, mit (teilweise unrichtigen) Informationen zu schnell an die Öffentlichkeit gegangen zu sein. Der 63-Jährige hatte schon kurz nach seiner Ankunft einem deutschen Privatsender ein Interview gegeben. Die Kluft zwischen Wintersteller und seiner 41-jährigen Tochter Sabine auf der einen Seite und den acht anderen ist tief. Beide werden an der für heute, Montag, angesetzten Pressekonferenz der österreichischen Entführungsopfer nicht teilnehmen.

"Korrekte Behandlung"

So weit bis dato bekannt ist, dürften die Geiseln von ihren Entführern den Umständen entsprechend durchaus korrekt behandelt worden sein. Die Geiselnehmer seien "sehr menschlich" gewesen, hätten sich für die Entführung "entschuldigt" und ihre Opfer wiederholt "um Geduld" gebeten, erzählte zum Beispiel Harald Galler (40) in einem Interview im Salzburger Lokalradio.

Laut Galler hätten sich seine Entführer für Geiselnehmer eher untypisch verhalten. So hätten sie sich bei der Befreiung durch die Armee von ihren Gefangenen entfernt.

Ähnlich äußerte sich auch der 69-jährige Johann Ruppnig. Es sei schnell klar geworden, dass die Entführer den Europäern nicht nach dem Leben trachteten.

Mit detaillierten Schilderungen halten sich die Österreicher aus Rücksicht auf die in Algerien verbliebenen Geiseln aber noch zurück. (Thomas Neuhold/DER STANDARD, Printausgabe, 19.5.2003)