Die zwei Köpfe zu je 20 Tonnen sind abgesägt, und ein Schulterstück (27 Tonnen) ist auch schon in ein Depot der Stadtverwaltung von Kars verfrachtet worden. Bleiben immer noch knapp 20 Meter Beton, die bis zum 20. Mai verschwunden sein müssen. Dann kommt der türkische Regierungschef Tayyip Erdogan für eine Wahlkampfveranstaltung in diese Stadt weit im Osten des Landes. Das "Monument für die Menschlichkeit" des Bildhauers Mehmet Aksoy will er nicht mehr sehen.

"Monströs" hat Erdogan die Statue genannt und damit die Debatte in der Türkei zwischen Liberalen und Religiös-Konservativen über die künstlerische Freiheit und die Meinungsfreiheit im Allgemeinen angeheizt. Erdogan hatte aber eben nicht nur seine persönliche Meinung über Mehmet Aksoys Monument zum Besten gegeben. Er verlangte den Abriss und empfahl der Stadtverwaltung die Anlage eines "schönen Parks". In einer Fernsehsendung legte er dieser Tage noch nach: "Es stört uns, dass auf einer historischen Stätte ein Schreckgespenst errichtet worden ist." Unweit der Statue liegt das Grabmal eines muslimischen Predigers aus dem 11. Jahrhundert.

Der von Staats wegen angeordnete Abriss einer "unislamischen" Statue - ein Richter war auch herbeigeschafft worden, der eine einstweilige Verfügung gegen die Demontage kippte - wird den Polemikern des "Islamo-Faschismus" in den USA Auftrieb geben. In eine ähnliche Richtung denkt auch Altan Öymen, Kommentator der liberalen türkischen Tageszeitung Radikal. Er verglich Erdogan mit den Nazis, die Ernst Barlachs Magdeburger Ehrenmal 1934 in ein Depot geschafft hatten. Beide verfahren nach derselben Devise, meinte Öymen am Mittwoch in einem weiteren Kommentar: "Da ich gewählt bin, mache ich, was ich will." (Markus Bernath, DER STANDARD - Printausgabe, 5. Mai 2011)