Bild nicht mehr verfügbar.

Vor Gericht: Ignace Murwanashyaka.

Foto: Reuters/David Lewis

Stuttgart/Berlin - Zwei mutmaßlichen afrikanischen Kriegsverbrechern mit ruandischer Staatsangehörigkeit wird seit Mittwoch wegen Massakern und Massenvergewaltigungen im Grenzgebiet von Ruanda und Kongo der Prozess gemacht. Doch die beiden Angeklagten, Ignace Murwanashyaka und Straton Musoni (47 und 49 Jahre alt), stehen nicht in Afrika vor Gericht, sondern in Stuttgart vor dem Oberlandesgericht.

Die deutsche Bundesanwaltschaft sieht die beiden als Führer der für Gräueltaten im Kongo berüchtigten Miliz "Forces Démocratique de Libération du Ruanda" (FDLR). Nach Erkenntnissen der Bundesanwaltschaft bestehen die FDLR aus Hutus, die nach blutigen Auseinandersetzungen 1994 von den Tutsis in den Osten der Demokratischen Republik Kongo vertrieben worden waren. Ihre Machtstellung im Ostkongo versuchten sie regelmäßig durch gewaltsame Übergriffe auf die örtliche Bevölkerung zu sichern.

Dazu sollen die beiden Angeklagten, die seit 20 Jahren in Deutschland leben, maßgeblich beigetragen haben. Murwanashyaka soll die Kriegsführung per Telefon von Mannheim aus koordiniert haben, Musoni aus dem Großraum Stuttgart.

Konkret sollen die beiden Männer 26 Verbrechen gegen die Menschlichkeit und 39 Kriegsverbrechen zu verantworten haben, wie aus der Anklageschrift weiter hervorgeht. Auf Befehl der beiden seien von Jänner 2008 bis 17. November 2009 mehr als 200 Menschen getötet und zahlreiche Frauen vergewaltigt worden. Zudem seien Zivilpersonen als Schutzschild missbraucht und Kinder in die Miliz eingegliedert worden.

In dem Prozess kommt erstmals das 2002 in Kraft getretene Völkerstrafrecht zur Anwendung. Auch wenn der Tatort nicht Deutschland ist, weder Opfer noch Täter deutsche Staatsangehörige sind, kann ein deutsches Gericht über völkerstrafrechtliche Tatbestände urteilen. (Reuters, bau/DER STANDARD, Printausgabe, 6.5.2011)