Brüssel/Moskau/Washington - Die Europäische Union sieht in dem palästinensischen Versöhnungsabkommen, das zur politischen Wiedervereinigung der seit 2007 getrennten Gebiete Westjordanland und Gazastreifen führen soll, eine Chance für den Nahost-Friedensprozess. Eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton sagte am Donnerstag in Brüssel, die EU, die zusammen mit UNO, USA und Russland das sogenannte Nahost-Quartett bildet, habe wiederholt die Palästinenser zur Versöhnung aufgerufen.
Das in Kairo von Präsident Mahmoud Abbas, dem Vorsitzenden der Fatah und der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), und Hamas-Chef Khaled Mashaal besiegelte Abkommen bezieht sich auf den palästinensischen "Nationalvertrag" von 2006, der einen Gewaltverzicht gegenüber Israel in den Grenzen von 1967 enthält. Die Hamas als eigenständige Organisation wird allerdings nicht dazu gezwungen, das Existenzrecht Israels eigens anzuerkennen.
"Das ist eine Gelegenheit in vielerlei Hinsicht, vor allem für den Nahost-Friedensprozess", sagte die EU-Sprecherin. Zu Fragen, was das Abkommen für die Haltung der EU zu der im Gazastreifen herrschenden Hamas bedeute, die seit 2003 auf der Terrorliste der EU steht, nahm die Sprecherin nicht Stellung. Der nächste EU-Außenministerrat am 23./24. Mai werde sich mit der Versöhnung von Hamas und Fatah befassen, kündigte sie an. Die EU begrüße den Einsatz von Präsident Mahmoud Abbas für eine friedliche Nahost-Lösung, die Union habe immer wieder zu Gewaltlosigkeit aufgerufen und eine Zwei-Staaten-Lösung verlangt.
Russland reagiert mit Genugtuung
Die russische Regierung hat mit großer Genugtuung auf das Zustandekommen des Abkommens reagiert und ihren eigenen Beitrag dazu hervorgehoben. Als Mitglied des Nahost-Quartetts habe sich Russland konsequent für die Annäherung der palästinensischen Gruppen eingesetzt, heißt es in einem Kommuniqué des Moskauer Außenministeriums. Nun müsse alles getan werden, damit der Versöhnungsprozess "irreversibel" sei und zu freien und demokratischen Wahlen führe. Russland stuft im Gegensatz zu den USA und zur EU die Hamas nicht als terroristisch ein und hat deren Chef Mashaal wiederholt empfangen.
Nach Ansicht der USA muss das innerpalästinensische Abkommen auch einen Friedensschluss mit Israel voranbringen. Die US-Regierung prüfe das Abkommen derzeit auf seine "praktische Bedeutung", sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Mark Toner, in Washington. "Wichtig ist, dass die Palästinenser diese Vereinbarung auf eine Weise umsetzen, die die Aussichten auf Frieden fördert und nicht den Friedensprozess mit Israel untergräbt".
Cameron spricht von wichtigem Moment
Der britische Premier David Cameron sieht einen wichtigen Moment für den Friedensprozess zwischen Israelis und Palästinensern gekommen. Tunesien hat das palästinensische Abkommen begrüßt und an die internationale Gemeinschaft appelliert, das "Ringen des palästinensischen Volkes um einen gerechten und dauerhaften Frieden" zu unterstützen. Auch der irakische Außenminister Hoshyar Zebari begrüßte das Abkommen, das seiner Meinung nach auf eine Schwächung des syrischen Einflusses hinweise. Die griechische Regierung unterstrich, dass die "palästinensische Verständigung" für einen tragfähigen Nahost-Frieden unverzichtbar sei. (APA)