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Foto: APA/Wenzel

Wien zählt in Peking viel. Die Chinesen mögen die Österreicher, weil sie nicht völlig unwichtig sind, aber dennoch ungefährlich.

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Chinas Statistisches Amt rechnete auf Anfrage des Standard seine Zahlen nach. Zur Feier des 40. Jahrestages von Chinas Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu Österreich, für die Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) am Donnerstag nach Peking reiste, war es bereit herauszufinden, wie viele Österreicher inzwischen im Reich der Mitte Fuß gefasst haben.

Die Grunddaten hatten Millionen Volkszähler besorgt, die mit Stichtag 1. November 2010 das Milliardenvolk gerade erfassten. Dabei zählten sie erstmals auch alle in China lebenden Ausländer mit. Zusammen sind es 593.832 Personen. Die Statistiker veröffentlichten bisher nur Zahlen für die zehn größten Ausländergruppen von Südkorea, USA und Japan bis zu Frankreich (15087) oder Deutschland (14446). Die Österreicher zählten sie nun besonders aus. Insgesamt leben nur 1057 Auslandsösterreicher derzeit fest in China. "In unserer Liste kommen sie auf Rang 48" , hieß es bei den chinesischen Statistikern.

Wenn es aber ums Ansehen und um unsere Sympathien geht "stehen die Österreicher ganz vorn", sagte Pekings Senior-Diplomat Wang Shu dem Standard. "Auch in unserem Handel tut sich immer mehr. China hat die USA als wichtigsten Überseepartner Österreichs abgelöst", meint der 87-Jährige, der 1980 bis 1985 Botschafter in Wien war. 2010 stieg China erstmals unter die zehn wichtigsten Handelspartner Österreichs auf, wobei sich Österreichs Ausfuhren um 39,7 Prozent auf 2,8 Mrd. Euro und seine Importe um 21 Prozent auf 5,4 Milliarden Euro erhöhten.

Das noch erhebliche Handelsdefizit zu reduzieren sei eines seiner Anliegen, sagte Faymann, der am Donnerstag Premier Wen Jiabao traf und heute, Freitag, von Staatschef Hu Jintao empfangen wird. Österreichs Wirtschaft wolle ihre Exporte bis 2014 verdoppeln. Faymann, der von Peking für Österreichs Wirtschaft fairen Zugang zu den Märkten verlangte, sieht neue Chancen bei gemeinsamen Kooperationen für einen Technologiepark, den Österreich gerade konzipiere. Dort könne es seine Stärken in der Umwelt- Verkehrs- und Energietechnologie ins Spiel bringen. Die Idee sei von Wen aufgenommen worden, der einen zweiten solchen Park gerne in China errichten wolle.

Fragen nach Ai Weiwei

Überschattet wurde das zweistündige, beim Essen weitergeführte Gespräch mit Premier Wen von Chinas Umgang mit den Menschenrechten, besonders in Bezug auf das Schicksal des seit 3. April polizeilich verschleppten weltbekannten Künstlers Ai Weiwei. Er habe nach dem Verbleib von Ai Weiwei gleich "mehrfach" gefragt, sagte Faymann. Von Wen habe er außer Äußerungen wie, dass es sich um "polizeiliche Ermittlungen" handele oder um ein "unabhängiges Verfahren" , keine konkreten Antworten erhalten. Aber der Premier hätte sehr wohl registriert, wie wichtig diese Diskussion in Europa und wie hoch dort die Sorge um den Künstler sei. "Die größte Unterstützung für Ai Weiwei ist, wenn alle Länder Europas genau beobachten, was in China passiert" , sagte Faymann. Er habe dem Premier auch gesagt, dass er zu den am 16. Juli beginnenden Bregenzer Festspielen fahre und sich dort auch die Ausstellung von Ai Weiwei ansehen werde.

Faymann tritt in die Fußspuren seiner Vorgänger, trotz und gerade wegen der besonders guten Beziehungen Wiens und Pekings, heikle politische Themen anzusprechen. Noch deutlicher machte das der in China beliebte Bundespräsident Heinz Fischer, den Premier Wen gestern "meinen persönlichen Freund" nannte. Im Jänner 2010 setzte sich Fischer bei Staatschef Hu Jintao mit Nachdruck für den damals zu elf Jahren Haft verurteilten Bürgerrechtler und späteren Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo ein. Er debattierte als engagierter Gegner der Todesstrafe mit Premier Wen Jiabao.

Keine Wirtschaftsdelegation

Auch Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) nutzte seinen Besuch im Februar 2011, um zum Ärger des chinesischen Protokolls damals mit Christen zusammenzutreffen und Ai Weiwei aufzusuchen. Im Gegensatz zu Spindelegger und Fischer hatte Faymann diesmal allerdings keine große Wirtschaftsdelegation bei sich. (Johnny Erling aus Peking/DER STANDARD Printausgabe, 6.5.2011)