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Bis zu elf Tage lang saugt sich eine Zecke mit Blut voll: Sie kann dabei um das Hundertfache ihres Ursprungsgewichtes anwachsen.

Foto: APA/Patrick Pleul

Die Zeckenschutzimpfung ist eine österreichische Erfindung. Seit 35 Jahren wird hierzulande gegen die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME), die durch Zecken übertragen wird, geimpft und kampagnisiert. Mit Erfolg, wie Herwig Kollaritsch, Leiter des Instituts für spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin der Medizinischen Universität Wien, sagt. Die Durchimpfungsrate habe in Österreich im Vorjahr 85 Prozent erreicht, so fleißig geimpft wird in keinem anderen Land. Warum? "Weil die Situation hier völlig anders ist als in den Nachbarländern. Einen ähnlich intensiven Zeckenbefall gibt es lediglich noch im Baltikum oder in Russland."

Während die Zahl der FSME-Infektionen bei den Nachbarn steige, sei sie in Österreich in den letzten 35 Jahren um 90 Prozent gesunken. Fast keine Fälle der durch Zecken übertragenen Hirnhautentzündung verzeichne man mehr bei Kindern und Jugendlichen, so Kollaritsch. In Österreich dürfen Kinder ab einem Jahr geimpft werden, in der Schweiz und Deutschland erst ab dem Schulalter. Kollaritsch erklärt das mit der starken Zeckenkonzentration in Österreich, "der ganz anderen epidemiologischen Situation im Vergleich zu Deutschland oder zur Schweiz".

Vorbehalte gegen Impfung

Impfschäden bei Kindern müsse man nicht befürchten. Nach Fällen von Fieberkrämpfen wurde der Impfstoff vor zehn Jahren verändert. Seither sind zwei Produkte auf dem Markt, "die Arzneimittelsicherheit wurde entscheidend verbessert" (Kollaritsch). Erich Schmutzhard, Leiter der Neurologischen Intensivstation der Med-Uni Innsbruck, sieht ebenfalls keine medizinischen Gründe, die gegen eine Impfung von Kindern sprechen würden. Auf 750.000 Geimpfte komme laut Statistik ein Impfschaden. Schmutzhard vermutet hinter den deutschen und schweizerischen Empfehlungen eher eine Folge der "Impfmüdigkeit, der auch niedergelassene Ärzte, die ja die Impfungen machen sollten, nachgeben". Gegen eine Impfung sprechen aus Sicht des Neurologen bei Kindern wie Erwachsenen einzig Unverträglichkeiten.

Impfskeptiker gibt es auch in Österreich. Besonders stark vertreten sind sie, so Herwig Kollaritsch, in der Generation 50 plus. Diese Altersgruppe agiere nach der Devise: Bis jetzt ist nichts passiert, es wird auch weiter nichts passieren". Bei älteren Menschen könne sich eine Infektion mit dem FSME-Virus aber sehr viel gravierender auswirken: "Es treten wesentlich häufiger schwerwiegende Folgen wir Gehirn- und Rückenmarksentzündung auf."

Nach der Grundimmunisierung durch drei Impfungen muss der Impfschutz regelmäßig aufgefrischt werden. Die erste Auffrischung ist nach drei Jahren fällig, dann soll im Fünf-Jahres-Rhythmus geimpft werden. Die Bereitschaft, sich wiederholt impfen zu lassen, sinke jedoch, bedauert Kollaritsch.

Laut Statistik führt jeder 25. bis 100. Zeckenstich zu einer Infektion. Nicht jeder Mensch reagiert auf eine Infektion mit Krankheitssymptomen. 30 bis 90 Prozent der Infizierten bleiben symptomlos. Anzeichen der FSME sind grippeähnliche Zustände wie Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen. Bei fünf bis zehn Prozent der Infizierten ist das zentrale Nervensystem beeinträchtigt. Hohes Fieber, Kopfschmerzen, Erbrechen treten in einem zweiten Krankheitsschub auf. Bewusstseinstörungen oder Lähmungen sind Folgen einer fortgeschrittenen Meningoenzephalitis. Leichte Formen der Erkrankungen heilen ohne Folgen aus.

Die Prognose hängt vom Alter der Betroffenen ab. Der Krankheitsverlauf ist bei Kindern und Jugendlichen wesentlich milder als bei älteren Menschen. Zehn bis 30 Prozent der Erwachsenen leiden unter dauerhaften neurologische Schäden wie Lähmungen, Störungen des Gleichgewichts, Hör-, Gedächtnis- oder Konzentrationsproblemen. In ein bis zwei Prozent der Fälle verläuft die Krankheit tödlich.

Wie kann man sich ohne Impfung schützen? Bei Wanderungen Unterholz meiden, die Kleidung sollte gut abschließen und dünnhäutige Körperpartien wie Kniekehlen, Innenseite der Oberschenkel, Achselhöhlen, Nacken, Hals bedecken. Bei kleinen Kindern wird auch oft der Kopf befallen. Nach Wanderungen sollte man Kleidung und Körper sorgfältig absuchen. Helle Kleidung ist dabei hilfreich. Zeckenschutzmittel sind, so die deutsche Stiftung Warentest, nicht unbedingt zu empfehlen. Von 18 getesteten Präparaten wirkten nur vier.

Pinzetten-Technik

Findet man auf der Haut eine Zecke, sollte man sie rasch entfernen, aber weder mit Öl, Alkohol noch Chemikalien beträufeln, weil der Parasit dadurch noch mehr Gift ausschüttet. Empfohlen wird die Entfernung der Zecke mit einer Pinzette, indem man sie direkt über der Haut fasst und herauszieht oder -dreht. Die Richtung der Drehung ist dabei unerheblich. (Jutta Berger, DER STANDARD Printausgabe, 09.05.2011)