Eine Leiter, verankert durch eine komplizierte Konstruktion aus verschiedenen Möbelstücken, ragt waagrecht aus dem Fenster. An ihren Sprossen sind Wäschestücke aufgehängt. Liesl will eben mit dem leeren Wäschekorb ins Badezimmer, als Karl, leicht angeheitert aus dem Wirtshaus kommend, die Wohnung betritt.

KARL (erblickt die Konstruktion): Jesusmariaundjosef! Was ist das?

LIESL: Meine neue Wäschetrockenanlage. Du sagst doch immer, sparen, sparen, Atomausstieg sofort, und im Fernsehen sagen sie, die schlimmsten Stromfresser sind die elektrischen Wäschetrockner, die elektrischen Wäschetrockner sind praktisch ein Schwerverbrechen. Deswegen trockne ich unsere Wäsche jetzt so. Im Wind und an der Sonne.

KARL (nachdem er einige Zeit die Konstruktion betrachtet hat): Das ist lobenswert, aber man sieht gleich, dass du eine typische Frau bist. Wind und Sonne! Das wär' das Richtige! Was glaubst du denn, was wir brauchen, wenn wir keinen Atomstrom wollen? Was treibt denn die Windräder an? Und was die Sonnenkollektoren? Und du vergeudest alles an deine blöde Wäsche!

LIESL: Ja, aber was soll ich denn sonst machen, wenn ich sie nicht in den Trockner geben kann? Da sind Wind und Sonne doch die einzigen Möglichkeiten!

KARL: Das kann schon sein, aber die werden für Wichtigeres gebraucht. Du könntest dir höchstens den Wind selber machen, dann geht's. Du bindest zum Beispiel die Wäsche aufs Auto und fahrst ein paarmal die Eichenstraße auf und ab.

LIESL: Nein, da verbrauche ich Benzin. Das ist auch schlecht wegen der Ölvorräte.

KARL: Stimmt. Auto geht nicht. (Er überlegt.) Aber aufs Fahrradl könntest du's binden, und einmal um Schönbrunn herum. Das ist auch gut fürs Herz, weil du zugleich Bewegung machst.

LIESL: Wenn's ein heißer Tag ist, könnte es gehen.

KARL: Nein, es darf auf keinen Fall die Sonne scheinen. Am besten ist überhaupt, es regnet.

LIESL: Da wird ja die Wäsche erst recht wieder nass!

KARL: Stimmt, das könnte passieren. In diesem Fall, aber nur in diesem Fall kann man sie dann ausnahmsweise in den Wäschetrockner tun.

(Vorhang)

(DER STANDARD, Printausgabe, 7./8.5.2011)