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Gesetze statt Empfehlungen: Opferschutz- und Beratungseinrichtungen könnten mit der Konvention endlich ihre Ketten sprengen und ihren Handlungsspielraum erweitern.

Foto: REUTERS/Umit Bektas

Istanbul - Eine neue europäische Konvention soll Frauen künftig besser vor Gewalt schützen. Bei einem AußenministerInnentreffen der 47 Mitgliedsstaaten des Europarates Anfang Mai in Istanbul haben zunächst 13 Staaten die Übereinkunft unterzeichnet, sagte ein Sprecher des Europarates. Darunter seien Deutschland und Österreich sowie die Türkei. In dem Europaratsübereinkommen zur Verhütung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (CAHVIO) verpflichten sich die Staaten erstmals auf konkrete Mechanismen beim Vorgehen gegen häusliche Gewalt.

Bahnbrechende Konvention

MenschenrechtlerInnen bezeichneten die Konvention im Anschluss als "bahnbrechend". Das Dokument könne die Prävention sowie eine Strafverfolgung der Täter deutlich verbessern, teilte die Organisation "Human Rights Watch" mit. "Alle europäischen Regierungen sollten die Konvention so schnell wie möglich unterzeichnen und ratifizieren", forderte Gauri van Gulik, eine Mitarbeiterin der Menschenrechtsorganisation.

Verpflichtung zur Einrichtung von Infrastruktur

Die Konvention werde die Gesetzgebung in den Unterzeichnerstaaten und damit letztlich auch die Lebensumstände von Frauen verbessern, so Human Right Watch in Istanbul. Die Staaten müssten Telefon-Hotlines, Frauenhäuser, Beratungsstellen und besondere medizinische Dienste einrichten. Zudem müssten sie Probleme wie Stalking und Zwangsehen angehen. Eine neu zu schaffende internationale ExpertInnengruppe werde die Umsetzung überwachen. In Europa erlebten 20 bis 25 Prozent der Frauen im Laufe ihres Lebens Gewalt oder sexuelle Gewalt, in der Türkei fast die Hälfte der Frauen.

Mindeststandards endlich festgelegt

Die Informationsstelle gegen Gewalt in Österreich begrüßte die Konvention ebenfalls. "Dieses verbindliche Übereinkommen gibt uns nun endlich die Chance, dass die seit Jahren geforderten Mindeststandards für die Gewaltpräventionsarbeit gegen Gewalt an Frauen und ihre Kinder von den Vertragsstaaten auch tatsächlich eingehalten werden müssen", so Maria Rösslhumer, Geschäftsführerin des Vereins Autonome Österreichische Frauenhäuser.

Heinisch-Hosek: "Meilenstein"

Frauenministerin Heinisch-Hosek erklärte, mit dem Europarats-Abkommen sei "wieder ein Meilenstein zur Bekämpfung von häuslicher Gewalt gesetzt" worden. Damit sei ein europaweit gemeinsames hohes Niveau des Opferschutzes erreicht. Aus österreichischer Sicht sei das besonders erfreulich, denn durch die beiden österreichischen Gewaltschutzgesetze hätte Österreich schon lange eine Vorbildfunktion in der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Kinder", betonte die Ministerin.

Lob für Expertin Rosa Logar

Dies habe auch dazu geführt, dass Österreich bei den Verhandlungen zu diesem Abkommen eine zentrale Rolle eingenommen habe. Das gehe auch auf den starken Einsatz der international sehr geachteten Gewaltschutzexpertin Rosa Logar zurück. "Für diesen Einsatz möchte ich Danke sagen", so Heinisch-Hosek. Die Frauenministerin hofft nun auf eine baldige parlamentarische Ratifzierung in Österreich.

Jenseits der Empfehlungen

Bisher gab es keine völkerrechtlichen Regelwerke, welche Nationalstaaten wirksam in die Pflicht nehmen konnten. Die Maßnahmen zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen beruhten ausschließlich auf Empfehlungen. Für Opferschutz- und Beratungseinrichtungen, die im Bereich Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt tätig sind, ist dieses Übereinkommen deshalb richtungsweisend. (APA/red)