Gerhard Scheucher und Christine Steindorfer bei der Buchpräsentation im Prater.

Foto: Scheiterwerkstatt

"Die Aufwärtsspirale. Wie man mit Erfolg Niederlagen meistert"

Gerhard Scheucher, Christine Steindorfer
Leykam-Buchverlag, März 2011
ISBN: 978-3-7011-7749-3
220 Seiten, Preis: 24,90 Euro

Foto: Leykam

"Vor 200 Jahren lebte in Amerika ein Mann, der mit 31 Jahren erstmals Pleite ging, mit 32 einen Wahlkampf verlor und mit 34 gleich noch mal eine Pleite einfuhr. Als er 35 war, starb seine Geliebte, zwei seiner Söhne starben im Kindesalter. Mit 36 erlitt er einen Nervenzusammenbruch. Er war 38 Jahre alt, als er seinen zweiten Wahlkampf verlor. Mit 43 unterlag er im Kongress, ebenso mit 46 und 48. Gleich zwei Mal unterlag er im Kampf um einen Senatorenplatz und mit 56 wollte er Vizepräsident werden, erreichte aber sein Ziel nicht. Mit 60 wurde er zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt." Sein Name: Abraham Lincoln. So steht es in der Einleitung des Buches "Die Aufwärtsspirale - Wie man mit Erfolg Niederlagen meistert".

Scheitern nimmt zu

Nicht in jedem steckt ein kleiner Lincoln, aber so ziemlich jeder scheitert in seinem Leben auf irgendeine Art und Weise, meinen die Autoren Gerhard Scheucher und Christine Steindorfer, die mit ihrem Buch einen Ratgeber ins Haus liefern wollen, um nach dem Knockout wieder aufzustehen - oder um im Idealfall schon vor dem finalen Schlag das Handtuch zu werfen. "Menschen scheitern heute häufiger als früher", sagt Gerhard Scheucher, der als Berater für Organisations- und Kommunikationsstrategien sein Geld verdient: "Die Potenzierung von Geschwindigkeit wirft die Leute auch schneller aus der Bahn." Das Autorenduo lud vorige Woche in Wien zur Präsentation des Buches, das als Fortsetzung ihres im Jahr 2008 erschienen Erstlings "Die Kraft des Scheiterns" konzipiert ist.

Prekariat statt Sicherheit

In einer Gesellschaft, die sich über Karriere und Statussymbole definiert, sei Scheitern oft gleichzusetzen mit dem "sozialen Tod". Das Stigma des Gescheiterten verwehre den Zutritt zu gewissen Kreisen. "Wir hetzen einer Normalität hinterher, die es so nicht mehr gibt. Prekariat statt Sicherheit, lebenslanges Lernen statt Ausbildung, berufliche Vielfalt statt fixer Arbeitsplätze, Phasen der Arbeitslosigkeit statt durchgängiger Erwerbstätigkeit." So skizzieren Scheucher und Steindorfer die heutige Berufswelt, in der Scheitern zu einer realen Lebenserfahrung wird. In den USA verschwinden beispielsweise jedes Jahr zehn Prozent aller Firmen.

Was versteht man überhaupt unter dem Begriff "Scheitern"? Die häufigsten Antworten sind das Nichterreichen von Zielen, finanzielle Unzufriedenheit, unerfüllte Erwartungen oder fehlende Freude an der Tätigkeit. Für einige ist "Scheitern" auch positiv konnotiert, weil es als Chance für einen Neubeginn gesehen wird.

Schemata

Dem Inhalt des Buches liegen 142 Interviews zugrunde, welche die Autoren mit Experten aus den unterschiedlichsten Beratungsdisziplinen geführt haben. "Wir haben daraus unsere Schlüsse gezogen", erklärt PR- und Kommunikationsberaterin Christine Steindorfer, "beim Scheitern gibt es Schemata, die sich wiederholen".

Im Buch gibt es drei Phasen des Schiffbruch erleidens. In der so genannten Geisterfahrerphase werden aus zu hohen Erwartungen unrealistische Ziele definiert. Der immer größer werdende Ehrgeiz resultiert in Isolation - durch die hohe Arbeitsbelastung. Überforderung sei die Folge. "Wenn man seine Ziele nicht rechtzeitig revidiert, führt das direkt in die Phase zwei", erläutert Scheucher, nämlich die Selbstverleugnungsphase. "Der Druck steigt und steigt, gleichzeitig bleibt der Erfolg aus." Statt Adaptionen vorzunehmen, werden Warnsignale weiterhin ignoriert. "Die Devise ist weitermachen." Bis zur Phase drei, der "Feindbildphase", wie die Autoren die Zeit benennen, wo es darum geht, Schuldige zu identifizieren. "Der Kampf um den Erfolg wird nur um des Kampfes Willen geführt." Bis zu dem Punkt, an dem es kein Zurück mehr gibt. "Insolvenz oder Burnout."

Aus der Niederlage zum Erfolg

"Man muss die Signale erkennen, um in die Aufwärtsspirale zu kommen", rät Scheucher, eine Art persönliches Frühwarnsystem zu installieren. "Leute brauchen schmerzvolle Erfahrungen, um zu lernen." Die Niederlage eingestehen und zum Neustart ansetzen, gibt er als Devise aus. Wer einmal öfter aufsteht als hinzufallen, hat gewonnen. Steindorfer sieht das Schuleingeständnis als Grundstein zum Erfolg. Nicht in Selbstmitleid verfallen und andere für die Misere verantwortlich machen, meint sie. "Nicht der Chef oder die Wirtschaft ist schuld, sondern man selbst." Nur so bleibe man handlungsfähig, die Situation könne wieder geändert werden.

Als die größten Gefahren, die im Scheitern münden können, identifizieren Scheucher und Steindorfer die "Missachtung von Marktveränderungen", Managementfehler oder etwa unzufriedene Mitarbeiter, die Firmen zum Verhängnis werden können. Die Wahrscheinlichkeit zu scheitern, ist in der Phase von 35 bis 50 Jahren am größten. Zumindest sind fast 70 Prozent der Befragten dieser Meinung. Nur sieben Prozent glauben, dass berufliches Scheitern nach dem 50. Lebensjahr am häufigsten auftritt. (om, derStandard.at, 9.5.2011)