Tokio - Zwei Monate nach dem verheerenden Tsunami in Japan hat der Betreiber des Unglückskraftwerkes Fukushima I wegen der Atomkatastrophe Hilfen des Staates beantragt. Der Konzern brauche die Unterstützung, um die Betroffenen zügig zu entschädigen, erklärte Masataka Shimizu, Präsident von Tokyo Electric Power (Tepco), am Dienstag nach einem Treffen mit Regierungsvertretern. Handelsminister Banri Kaieda ermahnte den Konzern, die vom Staat erbetene Summe so klein wie möglich zu halten. Er habe Tepco zudem aufgefordert, die Kosten der Katastrophe nicht über eine Erhöhung der Strompreise hereinzuholen, sagte Kaieda. Eine Obergrenze für Entschädigungszahlungen lehnte er ab.

Einer Erklärung Shimizus zufolge sind die Kassen des Konzerns leer. "Es ist extrem schwierig, Mittel zu besorgen", heißt es in der Stellungnahme, mit der Shimizu den Antrag auf Staatshilfe begründete. Tepco muss demnach allein umgerechnet rund 8,75 Mrd. Euro aufbringen, um die ausgefallene Stromproduktion in Fukushima aufzufangen. Strategieminister Koichiro Gemba deutete an, dass sich auch Aktionäre und Gläubiger an den Hilfen beteiligen müssten. Aus Kreisen verlautete, dass auch andere Energiekonzerne den Plänen zufolge Tepco unterstützen sollten. Das Unternehmen soll demnach das Geld innerhalb mehrerer Jahre zurückzahlen.

Tepco und seine Gläubiger setzen sich allerdings für eine Lösung ein, bei der der Staat die Hauptlast trägt. Sie warnen, dass die Bonitätsnote für Tepco-Anleihen auf Ramschstatus abrutschen und der Bondmarkt insgesamt ins Chaos stürzen könnte. Von allen ausgegebenen Unternehmensanleihen in Japan entfallen acht Prozent auf Tepco.

Stillstand seit März

Die Tepco-Anlage in der Provinz Fukushima steht seit Mitte März still. In mehreren Reaktoren kam es zu einer Kernschmelze, ein weites Gebiet rund um den Betrieb wurde zur Sperrzone erklärt. Hunderttausende Menschen verloren ihr Zuhause.

Dennoch bekräftigte Ministerpräsident Naoto Kan, dass sein Land an der Atomkraft festhalten werde. Zwar sei erneuerbare Energie künftig ein Schlüsselbaustein bei der Energieversorgung, sagte er auf einer Pressekonferenz. Atomkraft werde dennoch weiter eine wichtige Rolle spielen. Japan plante bisher, dass im Jahr 2030 mehr als die Hälfte der Elektrizität aus Atomkraftwerken kommt. Dieser Plan müsse nun von Grund auf geprüft werden, sagte Kan.

Unterdessen muss sich die Versicherungsbranche wegen des Bebens einer Studie zufolge auf höhere Verluste gefasst machen als bisher gedacht. Die Unternehmensberatung Eqecat veröffentlichte am Montag eine überarbeitete Prognose, wonach die Unternehmen für Schäden bis zu 39 Mrd. Dollar geradestehen müssten. In der ursprünglichen Schätzung hatten die Experten eine Schadenssumme von maximal 22 Mrd. Dollar errechnet. In der neuen Prognose seien weitere Faktoren berücksichtigt, etwa Produktionsausfälle und Schäden im Zuge der radioaktiven Verstrahlung rund das AKW Fukushima. (APA)