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Standfest kickte 34-mal im ÖFB-Team. "Dafür bin ich zu alt." Für Sturm reicht es allemal.

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Graz/Wien - Es ist nicht so, dass Joachim Standfest schlaflose Nächte verbringt, beim Anblick des Frühstücks erbricht. Fokussiert und konzentriert ist er. "Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Als erfahrener Spieler geht man mit solchen Situationen besser um. Natürlich wollen wir Meister werden."

Der 30-jährige Standfest wechselte im Juni 2010 von der Wiener Austria zu Sturm Graz. Elf Monate später stecken beide Mannschaften tief drinnen im Titelkampf, Standfest hat zwei Zähler Vorsprung. "Wenn einer denkt, ich habe mit der Austria irgendeine Rechnung offen und brenne speziell auf diese Partie, irrt er. Ich habe in Wien tolle Erfahrungen gemacht." Fast dreieinhalb Jahre verteidigte er rechts am Verteilerkreis, um dann um eine vorzeitige Vertragsauflösung zu bitten. Vorstand Thomas Parits erfüllte den Wunsch. "Ein absoluter Sir. Er hat immer gesagt, dass er mir keine Steine in den Weg legt. Und er hat Wort gehalten. Eine Seltenheit in diesem Geschäft."

Standfest, ein Steirerbua aus Leoben (2004 Meister mit dem GAK!) und als Jugendlicher ein passabler Skispringer noch dazu, hatte das Pendeln satt. Seine Frau und seine drei Töchter waren nicht mit nach Wien gekommen, sie blieben im gewohnten Umfeld, also daheim in Graz. "Ich fühlte mich ausgelaugt, müde, hatte keine ruhige Minute, konnte manchmal nicht mehr die maximale Leistung bieten." Der Preis für die Heimkehr "war ein deutlicher Gehaltsverzicht".

Sturm und die Austria könne man nicht wirklich vergleichen. "Die Austria ist einfach größer, strukturierter, organisierter, die hat eine eigene Presseabteilung, in der Millionenstadt Wien ist die Medienlandschaft eine andere." Fußballerisch gesehen, spiele das in dieser verrückten Saison aber keine Rolle. Standfest: "Einerseits ist es unglaublich, dass wir vier Runden vor Schluss vorn sind. Anderseits gibt es auch Ursachen. " Eine Erklärung wäre, "dass die sogenannten Topteams außergewöhnliche Spieler verloren haben, die den Unterschied ausmachten. Bei Salzburg sind Janko und Tchoyi weg, bei Rapid Jelavic, zudem war Hofmann lange verletzt. Und die Austria hat keinen Acimovic mehr. Also fällt es überhaupt nicht auf, dass Sturm keinen Superstar hat. Sturm hatte nie einen. Wir sind einfach nur eine gute Mannschaft. So wie Ried."

Perfektes G'spür

Spieler nach den Qualitäten ihres Trainers zu fragen sei, so Standfest "immer heikel. Aber Franco Foda hat hohe. Er hat klare Vorstellungen, die er auch vermitteln kann. Es gibt einen Plan, wie wir spielen sollen. " Zudem habe Foda bei der Auswahl der Kicker "ein gutes Gefühl, ein perfektes G'spür. Er verliert immer wieder Leute und besetzt sie vollwertig nach. Das ist eine Kunst." In Graz sei die Stimmung "positiv", das Spezielle an der momentanen Situation liege auch in der Vergangenheit des Vereins. "Während im Landesgericht der Strafprozess gegen Expräsident Hannes Kartnig läuft, können wir mit relativ geringen Mitteln Meister werden. Das wäre dann ein Plädoyer für die Bescheidenheit."

Das Match gegen die Austria werde im Kopf entschieden. "Wir könnten mit einem Unentschieden gut leben, mit einem Sieg viel besser." Karl Daxbacher, der Foda der Austria, sagt: "Wir haben genug Potenzial, um in Graz zu gewinnen." Standfest widerspricht nicht. "Stimmt. Aber auch wir haben genug Potential, um in Graz zu gewinnen. Nicht ich speziell, wir alle brennen auf diese Partie." (DER STANDARD PRINTAUSGABE 11.5. 2011)