Wien - "Am Anfang war die Sprache", derart ist ein kluger Text im Programmheft überschrieben. Es könnte zwar müßig erscheinen, auch noch neun Jahre nach der Premiere wiederum am Anfang einer Besprechung die Sprache zu beklagen, in der Janáèeks Jenùfa an der Staatsoper gegeben wird.

Aber auch noch nach der glanzvollen Wiederaufnahme bleibt es der zentnerschwere Wermutstropfen einer an sich stimmigen Produktion, dass man ausgerechnet dieses Stück ganz gegen den Trend zur Originalsprache auf Deutsch spielt. Das hat nichts mit der Textfassung von Max Brod zu tun, sondern liegt ausschließlich am Sprachklang an und für sich, der schlichtweg mit Janáèeks Musik nicht kompatibel ist.

Dass die tschechische Wortmelodie und die musikalische Gestik bei Janáèek eine unauflösliche Einheit bilden, ist nun wirklich nichts Neues. Natürlich sind seine Opern in der Originalsprache ungleich schwerer zu besetzen. Der gern gebrachte Verweis auf deren mangelnde Verständlichkeit greift allerdings nicht mehr, seit der Text in der Oper ohnehin mitgelesen werden kann.

Die Schwierigkeiten variieren freilich je nach Sängerin und Sänger, je nach deren Fähigkeit, dennoch zu einem Anschein von Natürlichkeit zu gelangen. Angela Denoke in der Titelpartie machte die Problematik zuweilen fast vergessen, während sie bei anderen mit voller Wucht zum Hemmschuh wurde. Dort, wo die gewollte Banalität des Textes durch Wiederholungen von Melodiefetzen und Worten noch gesteigert wird, bräuchte es ausschließlich Interpreten, die die sprachliche Ebene durchdringen und immer wieder zu Ausdruck ummünzen können.

Denoke führte unter anderem mit großer Weichheit in der Artikulation vor, wie das gehen kann. Während der große musikalische Fluss durch das unter Graeme Jenkins pulsierend und elegisch, manchmal ausgesprochen üppig aufspielende Staatsopernorchester gewahrt blieb, gab es ähnliches sängerisches Gelingen nur punktuell: Eindringlich war etwa in David Pountneys nach wie vor funktionsfähiger Regie neben anderen kleineren Rollendebüts Marta Beòaèková als alte Buryja.

Eine eigenartige sängerische Paradoxie verkörperte indessen Agnes Baltsa als Küsterin: Zwar ist ihre Stimme nochmals herber und auch schriller geworden, ihre darstellerische Präsenz entschädigte aber dafür ebenso wie für ihre bis zur Karikatur verzerrte Aussprache. An den Höhepunkten der Intensität war das freilich alles gar nicht mehr so wichtig. (Daniel Ender/DER STANDARD, Printausgabe, 11. 5. 2011)