Wien - Die Biene wird zum Politikum. Es geht um Monokulturen in der Landwirtschaft, um die Folgen des Pestizideinsatzes und Interessenkonflikte in der Forschung.
Das Sterben der Bienen, die als Bioindikator für Umweltschäden gelten, findet in Österreich nämlich auch heuer kein Ende. Wie in den Jahren zuvor, sind vor allem Imker in der Steiermark, in Ober- und Niederösterreich betroffen.
Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich (VP) habe den kausalen Zusammenhang mit insektizidgebeiztem Saatgut laut Grünen lange ausgeschlossen. Die Agentur für Ernährungssicherheit Ages sieht das mittlerweile anders und prüft etwaige Auswirkungen.
Was die Grünen dabei nun hart kritisieren: Anstatt die chemische Industrie in die Schranken zu weisen und die verantwortlichen Pestizide zu verbieten, wie es Italien, Deutschland und Slowenien vorlebten, würden die Bauern zu den Schuldigen erklärt: Sie hätten die neuen Zulassungsbestimmungen bei der Aussaat nicht eingehalten.
Wolfgang Pirklhuber nennt das Zynismus. "Die Anwendungsvorschriften sind praxisfremd und geradezu jenseitig." Wer etwa kontrolliere die maximale Windstärke, die bei der Aussaat am Feld zugelassen sei?, fragte der Grünen-Landwirtschaftssprecher am Mittwoch vor Journalisten. "Hier werden Bauern zu Tätern gemacht."
Die Italiener strichen Neonicotinoide aus der Liste der erlaubten Beizmittel, nachdem diese 50.000 Bienenvölker in der Poebene massiv schädigten. Auch Deutschland zog die Zulassung zurück, erzählt Maximilian Liedlbauer, oberösterreichischer Präsident des Landesverbands für Bienenzucht. An der Beize waren dort zuvor gut 12.500 Bienenvölker zugrunde gegangen.
Berlakovich erhalte demnächst einen Brief des Dachverbands der Imker, sagt Liedlbauer: Diese fordern darin ein Totalverbot der verantwortlichen Beize ab 2012 auch in Österreich. Die Ages hält das für falsch: Neben Fruchtfolge sei das die einzig praktikable Lösung gegen den Maiswurzelbohrer. Dieser richte in Österreich größere Schäden an als in anderen Ländern.
Der Tod der Bienen veranlasste die Ages zu einem Forschungsprojekt. Kosten: 700.000 Euro. 17 Prozent davon finanziert die Chemieindustrie, Bayer etwa, BASF und Syngenta. Damit mache man den Bock zum Gärtner, so Pirklhuber.
Die Konzerne hätten anders als die Öffentlichkeit jederzeit freien Datenzugang. Unabhängige Risikoforschung, die zu einem Verbot gewisser Pestizide führen könnte, sei nicht mehr möglich. Ko-Finanzierungen von Forschungsprojekten aus privaten Mitteln seien üblich, heißt es bei der Ages. Die Risikobewertung passiere unabhängig von den Geldgebern. (Verena Kainrath, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 12.5.2011)