Zum Start gibt es Chromebooks von Samsung...

Grafik: Google

...und von Acer.

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Der Login-Screen von ChromeOS. Angemeldet wird hier mit GMail-Adresse oder lokalem Login bei größeren Unternehmen oder Organisationen.

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Alles läuft im Browser ab, andere lokale Programme lassen sich nicht installieren.

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Der Chrome Web Store spielt  eine wichtige Rolle für ChromeOS, sollen die NutzerInnen auf diesem Weg doch interessante Online-Anwendungen aufspüren können.

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So viel Zeit Google in der Mittwochs-Keynote im Rahmen der Google I/O auch dem eigenen Browser Chrome gewidmet hat, der wirkliche Star der Präsentation war das darauf basierende ChromeOS. Hatten so manche MarktbeobachterInnen Google schon eine Betriebssystem-Totgeburt angedichtet, demonstrierte das Unternehmen, dass man ganze konkrete - und sehr ambitionierte - Pläne hat, mit denen man nicht weniger vorhat als eine "neue Art Computer" zu etablieren.

Basics

Vorneweg seien zunächst mal die Eckpunkte von ChromeOS umrissen: Das Linux-basierte System besteht - zumindest was die Oberfläche anbelangt - eigentlich nur aus einem Browser. Lokale Anwendungen gibt es nicht, statt dessen sollen alle Tätigkeiten mit Web-Apps vorgenommen werden.

Ausfall

Was zunächst mal wie ein (zu) radikal beschränktes System klingt, hat durchaus seine Meriten: Einstellungen und Co. werden automatisch synchronisiert, bei einem lokalen Hardwarefehler kann in wenigen Minuten ein neues System eingerichtet werden - ohne dass irgendwelche Daten verloren gegangen wären.

Sicherheit

Ein weiteres Plus gibt es beim Thema Sicherheit: Hier nutzt ChromeOS das Sandbox-Modell des Browsers um die einzelnen Seiten und Apps von einander abzuschirmen. Auch auf Betriebssystemebene hat man ChromeOS auf verschiedene Weisen geschützt, etwa indem man das eigentliche System-Image signiert und so Manipulationen erkennen kann - und in Folge einfach den Ausgangszustand wiederherstellt. (Anm.: Für EnthusiastInnen unterstützen die Chromebooks von Haus aus einen Developer-Modus, in dem diese Sperren aufgehoben werden können - ähnlich den eigenen Android-Smartphones)

Speed

Ein Vorteil, den man auch im Rahmen der Google I/O zu betonen nicht müde wurde: Während klassische Desktop-Systeme typischerweise immer langsamer werden, soll ChromeOS sogar noch an Geschwindigkeit zulegen - so verspricht es zumindest Google. Immerhin liefere man alle paar Wochen Updates für den Browser aus, mit denen die Software - wie sich etwa an diversen Benchmarks zeigen lasse - von Monat zu Monat schneller wird, wovon wiederum alle bei ChromeOS genutzten Anwendungen gleichermaßen profitieren würden.

Boot

Durch den Verzicht auf zahlreiche "Legacy-Technologien" will man auch in anderen Bereichen eine bessere Performance bieten. So hat man etwa die gesamte Boot-Kette radikal vereinfacht, wodurch ein ChromeOS-Notebook von dem Moment des Einschaltens bis zum Login gerade mal acht Sekunden benötigt. Ein klassisches Desktop-System ist da meist nicht einmal noch mit den BIOS-Checks fertig.

Offline

Damit ein solches System auch ohne Netzverbindung funktionstüchtig ist, will man sich des HTML5 Local-Storage-Supports bedienen, der ab dem Sommer passenderweise auch gleich von einigen zentralen Google-Anwendungen - etwa GMail - unterstützt werden soll. Druck-Aufgaben regelt man über die "Cloud" - etwa mit der Unterstützung eines anderen Rechner, der quasi als "Proxy" die Druckaufgaben übernimmt oder auch mit speziellen "Cloud-Print" unterstützenden Druckern, wie es sie mittlerweile schon von HP gibt.

Daten

Auch einen im Browser integrierten File-Manager hat man zwischenzeitlich geschrieben, bei dem sich Webseiten für einzelne Aufgaben registrieren können. So können dann etwa Bilder von einer SD-Karte direkt auf ein Bildbearbeitungsservice hochgeladen und weiterverarbeitet werden - vom Workflow her nicht viel anders als auf einem klassischen Betriebssystem auch - nur eben nicht lokal.

Chromebooks

Hatte man ChromeOS bislang nur im Rahmen eines Pilotprogramms getestet, scheint man nun davon überzeugt zu sein, dass das eigene Betriebssystem reif für die KonsumentInnen ist: Zum Start gibt es jeweils ein "Chromebook" von Samsung als auch von Acer.

Das "Samsung Series 5" Notebook ist dabei mit einem 12,1-Zoll großen Display mit einer Auflösung von 1280x800 Pixel ausgestattet. Es bietet einen Intel-Dual-Core-Prozessor (exakte Details verrät man derzeit noch nicht), sowie 2 USB-Ports, eine HD-Webcam und ein großes Touchpad, das gleichzeitig auch als Maustaste dient. Die Laufzeit soll bei 8,5 Stunden liegen, bei der für so ein Gerät essentiellen Netzanbindung setzt man auf WLAN und in einer der beiden Ausführungen auch auf UMTS. Den Preis gibt man mit 429 US-Dollar für die pure WLAN-Version an, mit 3G sind es dann 499 US-Dollar, wobei hier 100 MByte monatliches Datenvolumen bereits enthalten sind. (Anm.: Dies gilt für die USA, wie hoch das Volumen ist hängt hier vom einzelnen Provider ab, insofern darf gehofft werden, dass in Europa hier mehr geboten wird).

Acer

Das Acer-Chromebook ist mit einem etwas kleineren Screen ausgestattet (11,6 Zoll), auch bei der Laufzeit muss man mit 6 Stunden leichte Abstriche hinnehmen. Ansonsten ähneln sich die Spezifikationen stark, was aber wohl auch daran liegen mag, dass man hier ebenfalls noch wenig konkretes zur CPU sagt. Das Acer-Gerät soll bereits ab 349 US-Dollar zu haben sein. Beiden Chromebooks gemein ist, dass sie eine angepasste Tastatur haben, die etwa ohne Caps-Lock auskommt, dafür aber eine eigen Suchtaste besitzt.

Startschuss ist für beide der 15. Juni, dies gilt neben den USA auch für Deutschland, die Niederlande, Großbritannien, Frankreich, Spanien und Italien. Andere Länder sollen in den kommenden Monaten folgen.

Zielgruppe

Doch während der Verkauf an EndbenutzerInnen sicherlich ein wichtiger Schritt für ChromeOS ist, der Fokus von Google liegt derzeit recht augenscheinlich auf anderen Bereichen. Die wirklich große Ankündigung der Google I/O ist nämlich, dass man Unternehmen und Bildungseinrichtungen ein Abo-Service anbietet.

Support

Um 28 bzw. 20 US-Dollar pro Nutzerin monatlich, bekommen diese Hard- und Software von Google, dies beinhaltet auch eigene Tools zur zentralen Administration und UserInnen-Verwaltung. Ist ein Gerät defekt, wird es von Google ausgetauscht, bei längeren Verträgen wird dann auch bei Bedarf auf eine neue Hardwaregeneration gewechselt. Ein Angebot mit dem man einen kaum verklausulierten,  direkten Angriff auf Microsofts Kerngeschäft vornimmt, immerhin dominieren die Redmonder dieses Umfeld seit Jahrzehnten.

Beispielhaft

Dass ChromeOS im Geschäftsbereich schon jetzt für viele Arbeitsplätze eine durchaus realistische - und interessante - Variante ist, betonte dann auch Sanjay Dhar, IT-Chef bei Logitech, wo man intern bereits ein Pilotprogramm mit ChromeOS am Laufen hat. Man glaube gar nicht, wie viel Zeit die IT-Abteilung sonst mit den Folgen von kaputten Festplatten verschwende, mit ChromeOS sei dies kein Thema mehr. Innerhalb von wenigen Minuten, stehe ein neuer Computer zur Verfügung, die IT könne sich wieder vermehrt um wirklich relevante Aufgaben kümmern.

Virtualisiert

So richtig ealistisch werde so ein Umstieg auf ChromeOS aber erst durch die Partnerschaft mit Unternehmen wie Citrix oder VMware, die Google ebenfalls im Rahmen der I/O verkündet hat. So demonstrierte dann Citrix eine HTML5-Version seines Citrix-Reciever, mit dem sich Windows-Anwendungen direkt im Browser nutzen lassen. Eine Beta dieser Software ist gerade gestartet, in den nächsten Wochen soll es hier weitere Details geben. Mithilfe der Desktop-Virtualisierung könnte man schon jetzt rund 90 Prozent der eigenen Angestellten auf ChromeOS umstellen, zeigt sich Dhar überzeugt.

Im Bildungsbereich spielen solche Legacy-Lösungen hingegen gar keine Rolle, betont Rachel Wente-Chaney, CIO der Schulen im High-Desert-Distrikt. Bei zehnjährige Kindern würde sich das Computerleben ohnehin schon jetzt vollständig im Browser abspielen, umreißt sie die eigenen Erfahrungen. In dem 700 SchülerInnen starken Testlauf sei man bislang vor allem davon angetan, wie schnell ChromeOS einzurichten und zu starten sei. Dies sei für den Unterricht essentiell, bei klassischen Systemen mit zentralem User-Management dauere alleine das Hochfahren der Rechner schon mal mehrere Minuten - was direkt auf die Unterrichtszeit geht, so Wente-Chaney.

Realismus

Google betont, dass man sich durchaus klar sei, dass ChromeOS zumindest derzeit noch kein Betriebssystem für jeden und jede sei. Wer Filme schneiden will oder andere rechenintensive lokale Anwendungen benötigt, wird mit einem "Chromebook" (oder der nur kurz angekündigten "Chromebox", einer Art minimaler ChromeOS-Desktop-Rechner) nicht glücklich werden. Wie sich zeige gebe es aber bereits viele Bereiche, in denen die Vorteile des "Chromebook" deutlich überwiegen: "Speed, Simplicity and Security"

Laufzeit

Das Abo-Angebot hat übrigens eine Mindestlaufzeit von drei Jahren, diesen Rahmen habe man nach Gesprächen mit interessierten Unternehmen gewählt, da diese betont haben, dass man schneller ohnehin keine System auswechseln würde. Google rechnet zudem vor, dass man sich mit ChromeOS eine ganze Reihe von Kostenposten erspart, die bei Windows-Systemen obligatorisch seien, etwa die Lizenzen für Antivirensoftware oder auch für Backup-Lösungen. (Andreas Proschofsky aus San Francisco, derStandard.at, 11.05.11)