Brüssel - In der Diskussion um die Schengen-Reform hat sich Innenministerin Johanna Mikl-Leitner dafür ausgesprochen über "anlassbezogene Grenzkontrollen" nachzudenken. Zur Entscheidung der dänischen Regierung für neue Grenzkontrollen sagte sie am Donnerstag vor einem Sondertreffen der EU-Innenminister in Brüssel: "Permanente Grenzkontrolle ist eine ganz gefährliche Sache, weil es letztendlich massiv die Reisefreiheit beeinträchtigt. Ganz wichtig ist, dass hier die Reisefreiheit erhalten bleibt."

Der schwedische Migrationsminister Tobias Billström betonte indes, die dänische Entscheidung betreffe nicht Schengen, sondern sei ausschließlich eine Frage von Zollkontrollen. Sollte es dabei Probleme geben, müsste dies die EU-Kommission überprüfen. Billström zeigte sich besorgt von den Migrationsströmen aus Nordafrika. "Die Entwicklungen in unserer südlichen Nachbarschaft sind Anlass zu großer Sorge, vor allem jetzt, da wir libysche Flüchtlinge über das Mittelmeer kommen sehen." Das sei anders als zu Spitzenzeiten von Arbeitsmigration von Tunesien nach Lampedusa, daher sei eine gemeinsame europäische Antwort notwendig.

Mikl-Leitner: "Klares Nein zum generellen Hochziehen"

"Faktum ist aber, dass wir nachdenken sollen über anlassbezogene Grenzkontrollen, ein Instrumentarium , das wir aus der Vergangenheit kennen und mittlerweile auch eingesetzt haben", sagte Mikl-Leitner. Es sei notwendig, darüber jetzt zu diskutieren. Es gebe Länder, die zu wenig machten und andere Länder, die zu viel machten. Mikl-Leitner: "Ein ganz klares Nein zum generellen Hochziehen von Grenzen, aber selbstverständlich ist es legitim, wenn ein Land sagt: Anlassbezogene Grenzkontrollen auf Zeit, das muss jedem Staat überlassen sein."

Die Reisefreiheit dürfe nicht in Frage gestellt werden, betonte die Innenministerin. "Vielmehr muss man sich fragen: Tun auch die Mitgliedstaaten genug, um mit den Flüchtlingsströmen zurechtzukommen? Ich bin fest davon überzeugt, dass hier Italien aus eigener Kraft noch sehr viele Maßnahmen setzen könnte."

Mikl-Leitner erteilte der Aufforderung der EU-Kommission zur Aufnahme von Flüchtlingen aus dem Bürgerkrieg in Libyen, die sich derzeit auf Malta befinden, eine klare Absage. "Diese Frage stellt sich nicht, weil wir gerade, was Asylverfahren beziehungsweise was Asylbewerber betrifft, sehr gut ausgelastet sind, beziehungsweise hier eine hohe Belastung haben", betonte sie. Am Nachmittag findet dazu eine Resettlement-Konferenz in Brüssel statt. Bisher haben nur Schweden und Deutschland Zusagen zur Aufnahme von größeren Flüchtlingsgruppen gegeben. Deutschland will hundert Personen, Schweden 200 aufnehmen.

Auch Darabos gegen generelle Grenzkontrollen

Auch Verteidigungsminister Norbert Darabos ist gegen eine generelle Wiedereinführung von Grenzkontrollen im Schengen-Raum. Er kann sich lediglich temporäre Kontrollen vorstellen. Das sagte Darabos am Rande einer Pressekonferenz am Donnerstag in Wien. Von den wieder eingeführten Kontrollen Dänemarks zeigte er sich "überrascht".

Sollten temporäre Kontrollen nötig sein, würden diese nicht mit Soldaten, sondern von der Polizei durchgeführt werden. Hier habe man einen klaren Schnitt vollzogen. Der Assistenzeinsatz des Bundesheeres im östlichen Grenzraum läuft ja mit Ende des Jahres aus. (APA)