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Gerechtigkeit ist eine Kategorie, die in Gehälterdiskussionen keine Rolle spielt, sagt Treichl.

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Wien - Die Erste Group hat die Gagen der Aufsichtsräte verdoppelt. Das hat der Bankspitze am Donnerstag in der Jahreshauptversammlung heftige Kritik von Seiten kritischer Anleger eingebracht, wo von einem "unverschämten" Antrag an die Aktionärsversammlung die Rede war.

Den Aufsichtsratsmitgliedern zahlt die Bank für das Geschäftsjahr 2010 eine Vergütung von 700.000 Euro, im Jahr davor waren es 350.000 Euro gewesen. Die Verdopplung ist heute beschlossen worden. Bei vielen Kleinaktionären sorgte der Schritt für Unmut. Die Abstimmung ging dank der Großaktionäre und Fonds bei 66-prozentiger Präsenz mit 248 Millionen Stimmen aber im Sinn der Bankführung aus. Das von Präsident Heinz Kessler verlesene Abstimmungsergebnis wurde im Saal aber mit "Pfuis" und Buhrufen quittiert. In Summe fast 175.000 Stimmen waren dagegen.

"Falsches Signal"

Der kritische Investor Rupert-Heinrich Staller empörte sich, dass nicht die Dividende um 100 Prozent gestiegen sei, sondern die Aufsichtsratsgage. "Der Aufsichtsrat schlägt heute dem Fass den Boden aus." Staller sprach von einem "dreisten" Schritt und einem "falschen und fatalen Signal".

"Die Krise war gestern, die Gier ist heute", so Staller. "Und wir sind die ersten, wenn es um Gier geht, Herr Kessler, Frau Gürtler und Freunde", beklagte er in Richtung der Aufsichtsräte im Wiener Austria Center.

Staller sprach angesichts der lautstarken Unmutsäußerungen und der mehrere Minuten dauernden Aufzählung von Gegenstimmen von einer "Riesenwatschen" für das Gremium. Der Schritt sei "unsensibel" und "dämlich". Die Erste sei selber schuld, wenn Politiker derartiges nutzten, um politisches Kleingeld zu machen.

"Kein Zeichen von Jux und Tollerei"

Kessler wurde gefragt, ob er meine, dass dies ein Signal für Sparsamkeit sei und der Bank damit etwas Gutes getan wurde. "Dass eine 100-Prozent-Erhöhung in einem Schritt optisch nicht schön ist, das ist zugegeben", sagte Kessler. "Wir tun dieser Bank nichts Schlechtes". Kessler hält die erste Erhöhung der Bezüge seit fünf Jahren für gerechtfertigt, die Gesellschaft und die Pflichten der Aufsichtsräte seien in dieser Zeit wesentlich umfangreicher gewesen. Kessler: "Es ist kein Signal von Sparsamkeit, aber auch kein Zeichen von Jux und Tollerei". Selbst in kritischen Wortmeldungen wäre es ja nicht um die Summe selbst gegangen.

Erinnerung an kritische Aussagen

Die Bankergagen schnellen laut Staller wieder nach oben, "als ob es kein morgen gäbe und kein gestern gegeben hätte." Auch Treichls Vorstandsgage sprach er an. "Ich gönne Ihnen persönlich jeden Cent, aber ich will nicht, dass die Gier wieder fröhliche Urständ feiert." Staller erinnerte Treichl an dessen eigene kritische Aussagen über überzogene Banker-Boni.

Treichl konterte, die Erste Group müsse international kompetitiv und attraktiv sein. "Ich weiß, eine Verdopplung der Aufsichtsratsbezüge von einem Tag auf den anderen ist hoch. Ich wusste, dass das auf massive Kritik stoßen wird." Im Vorfeld habe man das selber lang diskutiert. "Ich als Vorstand unterstütze das. Ich will, dass uns Leute über die Schulter schauen, die wissen, worüber wir reden und hart arbeiten". Aufsichtsratsfunktionen seien heute wesentlich verantwortungsvollere Positionen als früher.

Wilhelm Rasinger, selber Kleinanlegervertreter und als solcher im Aufsichtsrat der Ersten, wollte sich zu dem Thema nicht äußern. "Dazu sage ich gar nichts."

Höherer Bonus für den Chef

Erste-Chef Treichl kassierte für 2010 dank eines wieder höheren Bonus eine Gage von 2,79 Mio. Euro, fast doppelt so viel wie im Krisenjahr davor. Er wisse, dass es angesichts leider hunderttausender Menschen, die an der Armutsgrenze lebten, viele als schrecklich und total ungerecht empfänden, wieviel Banker verdienten. Gerecht sei es auch nicht, dass der Rektor der Universität oder der Präsident des Verfassungsgerichtshof im Jahr verdienten, was er, Treichl, im Monat habe. Oder dass der beste Marathonläufer ein Hundertstel von dem erhalte, was der beste Golfspieler bekomme, oder dass Volksmusikstars ein Mehrfaches der besten Opernsängerinnen kassierten. Gerechtigkeit habe da keinen Stellenwert.

"Faktum ist, dass wir im Bankgeschäft sehr viel verdienen, und dass Banken in den letzten Jahren ihre Reputation ordentlich versaut haben", so Treichl. Er selber zeigte sich stolz, Vorstandsvorsitzender der wertvollsten Firma im Land zu sein. Insgesamt gab die Erste 2010 für Vorstandsgagen 8,8 Millionen Euro aus.

Treichl will auch nach 2012 weiter machen

Wenn im Sommer 2012 die Vorstandsmandate in der Erste Group auslaufen, will Treichl, dann 60, im Amt bleiben. "Wenn ich darf, würde ich das sehr gern weiter machen".
Zuvor war Treichl von einem Kleinanleger gefragt worden, ob und wie lange er - da nächstes Jahr alle Vorstandsmandate enden - weiter als Vorstandsvorsitzender zur Verfügung stehen werde. Er sehe leider keinen Nachfolger, der sich hier aufdränge, bemerkte Staller, der den Erste-Vorstand als "Männerverein" kritisierte.

Vor Staatsgeld-Rückzahlung

Die Staatsgeld-Rückzahlung hat die Erste schon eingereicht. Die Bank, die in der Krise vor zwei Jahren Staatshilfe erhalten hat, bereitet die Rückzahlung des von der Republik gezeichneten Partizipationskapitals (PS) vor. Es geht um 1,2 Milliarden Euro. Laut Treichl stehe noch die Zusicherung der Republik aus, unter welchen Konditionen das PS-Kapital getilgt werden kann. "Wir haben das zur Überprüfung im Finanzministerium eingereicht, aber noch keine Antwort. Das zieht sich hin." Das Finanzministerium müsse sich dazu auch mit dem Kanzleramt abstimmen.

Treichl bekräftigte, dass er keinen Bedarf für eine Aktienkapitalerhöhung sieht. Dem Bankmodell entsprechend sei die Gruppe mit 8 Prozent echtem Kernkapital adäquat kapitalisiert. Sein Haus sei bald 200 Jahre alt, habe zwei Weltkriege überlebt, mit weniger als der Hälfte der Kapitalquoten. "Wir glauben nicht, dass wir auf 10 oder 12 Prozent gehen müssen. (APA)