Wien - Groß ist nicht zwangsläufig mehr. Vor allem wenn es sich um Lebensmittel handelt. Die Debatte um Mogelverpackungen in Supermärkten erfasst nach Deutschland auch Österreich. Auslöser ist eine Studie der Verbraucherzentrale in Hamburg. Sie ließ zwei Eichämter mit Röntgengeräten auf verpackte Lebensmittel los. Und die enthüllten vielfach gähnende Leere.

Drei von vier der 30 untersuchten Proben bestanden zu mehr als einem Drittel aus Luft. Bei einzelnen Produkten fanden sich sogar luftige Anteile von 90 Prozent. Der Schnitt lag bei rund 50 Prozent.

Richtmaß in Deutschland ist ein Anteil von gut 30 Prozent. Was darüber liegt, werten Konsumentenschützer als Mogelei. Es sei denn, der Freiraum ist technisch unumgänglich oder produktbedingt.

Die Studie gilt als Vorarbeit für die Eichdirektion, die nun ihrerseits Ordnungswidrigkeitsverfahren zur beanstandeten Ware einleitet. Den betroffenen Herstellern drohe bei schweren Verstößen sogar die Abschöpfung ihrer Gewinne, sagt Karl Kollmann. Die Deutschen hätten schon vor 30 Jahren, als die Konflikte aufkamen, vorgesorgt, erzählt der Konsumökonome und Experte der Arbeiterkammer. Ganz anders jedoch verhalte sich all das in Österreich.

Wer gegen zu viel Luft im Packerl vorgehen möchte, müsse hierzulande gegen unlauteren Wettbewerb klagen - was mit langwierigen Verfahren verbunden sei. Immer wieder habe die Arbeiterkammer gefordert, die Sache den Eichbehörden zu übergeben und deutsche Formeln zu übernehmen, die festlegen, ab wann gemogelt werde. Es sei vergeblich gewesen, sagt Kollmann. Dass die Industrie derzeit mehr denn je mit versteckten Hohlräumen und doppelten Böden arbeite, glaubt er nicht.Es sei vielmehr eine jahrzehntelange Geschichte des Leidens und in den Ausmaßen stetig schwankend.

Für Michael Blass sind die Vorwürfe rund um zu viel Luft billige Polemik. Entscheidend sei, dass die Konsumenten alle Informationen erhielten, wie viel sie für was und welche Menge zahlten. "Diese Angaben für die Kaufentscheidung sind zu 100 Prozent gewährleistet", sagt der Verbandschef der Lebensmittelindustrie. Auch Hersteller sprechen von klaren gesetzlichen Regelungen. Finde sich tatsächlich mehr Luft als sonst in der Verpackung, liege das auch an den Kosten: Einheitliche Größen seien günstiger. Die deutsche Verbraucher nennt die Überdimensionierung Ressourcenverschwendung. (Verena Kainrath, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13.5.2011)