Gerichtsverfahren dauern oft Jahre - Aktenberge wachsen und Kosten steigen. Eine Mediation könnte oft Konflikte schneller lösen.

Foto: Der Standard

Janach-Wolf: "Konfliktparteien sind die eigentlichen Experten."

Foto: Jürgen Hammerschmid

Wien - "Bei Konflikten zeigen viele keine Eigenverantwortung mehr. Da heißt es dann recht schnell: Mein Anwalt regelt das schon", weiß Gudrun Janach-Wolf, Obfrau vom Forum Wirtschaftsmediation. Die Folgen sind dann oft fatal: jahrelange, sündteure Prozesse, bis zu Höchstgerichten hinauf und wieder runter.

"Ein Richter sagte mir einmal nach einer Verhandlung: Diese Stunde hat die Parteien jetzt 10.000 Euro gekostet", berichtet Janach-Wolf im Standard-Gespräch. Und da sind beispielsweise verlorene Arbeitszeit und Energie nicht eingerechnet.

"10.000 Euro für nur einen einzigen Tag - das ist ein Betrag, mit dem schon ein ganzes Mediationsverfahren abgewickelt werden könnte", betont Janach-Wolf. Und genau das wird in jüngster Zeit immer öfter praktiziert: Bis jetzt liefen bei Handelsgerichten insgesamt 17 Mediationsverfahren, "dieses Frühjahr hatten wir eine starke Welle", bilanziert Janach-Wolf.

Konfliktparteien sind die eigentlichen Experten

Das Forum Wirtschaftsmediation ist bereits 1997 aus einer Ausbildungsgruppe heraus entstanden. Die gute Entwicklung der Mediation im Bereich des Familienrechts hatte die Gründungsmitglieder angeregt, gleiches auch im Bereich des Wirtschaftsrechtes anzubieten. 2008 wurde dann das Projekt an Handelsgerichten gestartet - seit eineinhalb Jahren gibt es nun konkret die Möglichkeit, Mediationen einzuleiten.

Ziel ist es dabei, das Richterinnen und Richter schon vor Beginn der Gerichtsverhandlung beim Aktenstudium erkennen, dass eine Mediation erfolgreich sein könnte. Wichtig ist dann auch, dass nicht nur alle betroffenen Parteien mit einer Mediation einverstanden sind, sondern dass auch die Anwälte zum Verfahren stehen und mögliche Entscheidungsträger oder Betroffene im Hintergrund eingebunden werden.

"Bei der Mediation selbst steht dann weniger das juristische oder betriebswirtschaftliche Denken im Vordergrund", erläutert Janach-Wolf. Der Mediator versucht als neutrale Person, die Parteien bei der gemeinsamen Erarbeitung einer Lösung zu unterstützen. "Es gilt, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass die Konfliktparteien die eigentlichen Experten sind. Sie wissen, wie es zum Streit kam, sie wissen um Lösungsmöglichkeiten und sie wissen, was die beste Lösung für beide ist."

"Was machen wir jetzt aus der Gschicht?"

Details zu einzelnen Mediationsverfahren, die schon abgeschlossen wurden, kann Janach-Wolf aufgrund der absoluten Verschwiegenheitspflicht nicht berichten. Nur so viel: "Wir hatten einmal einen schon eher skurrilen Fall, bei dem es um einen Streitwert von 10.000 Euro ging. Die Mediation konnte erfolgreich abgeschlossen werden - und am Ende verzichtete der Kläger nicht nur auf die 10.000 Euro, sondern war sogar bereit, noch mehr zu bezahlen. Weil sich herausgestellt hatte, dass es das Beste für alle Beteiligten wäre, den umstrittenen Auftrag sogar noch auszuweiten."

So etwas könne nur gelingen, wenn man sich nicht auf die Frage konzentriere: "Wer ist schuld?" - "sondern darauf, wie es weitergeht. Was machen wir jetzt aus der Gschicht?", erläutert Janach-Wolf weiter. Von den Mediationsverfahren, die bisher an den Handelsgerichten Wien, Wiener Neustadt und St. Pölten durchgeführt wurden, konnte bereits die Hälfte positiv abgeschlossen werden. Ein einziger Fall ging dann tatsächlich vor Gericht - aber das hatte sich schon bei der ersten Mediationssitzung herausgestellt.

Die Kosten für Wirtschaftsmediationen werden derzeit meist von beiden Parteien getragen - von der öffentlichen Hand kommt nichts dazu, obwohl Mediationen zu einer deutlichen Entlastung der Gerichte führen können. "Das ist auch der Grund, warum eine gesetzliche Verankerung so schwierig ist - das wäre dann ein Kostenfaktor", sagt Janach-Wolf.

Unterbrechung definieren

Eine deutliche Erleichterung wäre es jedenfalls, wenn Mediationsverfahren als "Unterbrechungstatbestand" definiert würden: Denn derzeit laufen die Fälle in den Gerichten trotz Mediation zumindest pro forma weiter.

Aufgrund der positiven Erfahrungen sollen Mediationen auch an anderen Gerichten angeboten werden: "Unser jüngstes Kind ist ein Pilotprojekt am Wiener Landesgericht für Zivilrecht. Wir haben im April gestartet - und haben bereits vier Anfragen im Laufen." (Roman David-Freihsl, DER STANDARD, Printausgabe, 12.5.2011)