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Protest gegen Assad in Qamischli.

Foto: AP/dapd

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Diese Amateuraufnahme zeigt eine Straßenszene in der Rebellenhochburg Deraa.

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In Syrien sind bei Protesten gegen Präsident Baschar al-Assad einer Menschenrechtsaktivistin zufolge mindestens sechs Zivilisten erschossen worden. Sicherheitskräfte hätten Demonstranten in der südsyrischen Stadt Deraa, einem Vorort von Damaskus sowie der zentral gelegenen Stadt Homs erschossen, sagte die Aktivistin am Freitag. Einem weiteren Bürgerrechtler zufolge schossen die Sicherheitskräfte auch auf eine nächtliche Demonstration in Majadin im Osten Syriens, wobei vier Menschen verletzt worden seien. Unbeirrt vom gewaltsamen Vorgehen der autokratischen Regierungen hatten sich Tausende Menschen in Syrien als auch im Jemen nach den Freitagsgebeten zu Massenprotesten versammelt.

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Damaskus/Kairo - Ungeachtet massiver Unterdrückung durch die Sicherheitskräfte haben am Freitag wieder Tausende Syrer gegen das Regime von Präsident Bashar al-Assad demonstriert. Vor allem im überwiegend kurdischen Nordosten des Landes beteiligten sich die Menschen ungewohnt massiv an den Kundgebungen nach den Freitagsgebeten. In der westlichen Stadt Homs wurde mindestens ein Demonstrant getötet, als Sicherheitskräfte in die Menge feuerten. Die Opposition hatte aus Protest gegen die jüngste Verhaftungswelle zu Kundgebungen im ganzen Land aufgerufen. In Protest-Hochburgen wie Homs, Hama, Banias und Daraa waren in den vergangenen zwei Wochen Tausende festgenommen worden. Ihr Schicksal ist weitgehend ungewiss.

In den Städten Qamischli, Amuda, Ras al-Ain and Derbassieh sowie in Ain al-Arab in der Provinz Aleppo gingen jeweils tausende Kurden und assyrische Christen auf die Straße, berichtete der arabische TV-Nachrichtensender Al-Jazeera unter Berufung auf Aktivisten. "Die Kurden weiten nun ihre Teilnahme an den Demonstrationen für Freiheit aus, an der Seite der syrischen Mitbrüder", sagte der Generalsekretär der Kurdischen Jakiti-Partei, Ismail Hami, dem Sender. Die Kurden sind die größte ethnische Minderheit in Syrien und werden in mehrfacher Hinsicht diskriminiert.

Zuletzt hatte das Baath-Regime die Kurden für sich zu gewinnen versucht, als es auf dem Höhepunkt der ersten Protestwelle im März Hunderttausenden von ihnen die Staatsbürgerschaft gab. Die Betroffenen waren bis dahin staatenlos und hatten kaum Rechte. "Wir verurteilen das Eingreifen der Armee", erklärte der Kurden-Politiker Hami gegenüber Al-Jazeera. Starke Armeeverbände hatten mehrere Städte, in denen es in der Vergangenheit große Proteste gegeben hatte, völlig umstellt.

In Homs, der drittgrößten Stadt des Landes, waren alle Zugänge blockiert, berichtete Al-Jazeera. Hunderte Geheimdienstbeamte in Zivil zeigten demonstrativ in jenen Wohnvierteln Präsenz, in denen es zuvor Kundgebungen gegeben hatte.

Gespräche mit Dissidenten

Nach fast zweimonatigen Massenprotesten, gegen die äußerst brutal vorgegangen wurde, führt die syrische Regierung erstmals Gespräche mit Dissidenten. Präsidentenberaterin und Staatsministerin Bouthaina Shaaban hat in den vergangenen Tagen vier prominente Intellektuelle und Demokratieaktivisten empfangen. "Es war kein Dialog, sondern eine Anhörung von Gesichtspunkten hinsichtlich der gegenwärtigen Lage", erklärte der Schriftsteller Michel Kilo, einer der Gesprächspartner Shaabans, am Freitag gegenüber der kuwaitischen Zeitung "Al-Rai". Zugleich wurde bekannt, dass Präsident Bashar al-Assad ein Schießverbot für die Sicherheitskräfte beim Vorgehen gegen Demonstranten angeordnet haben soll.

Der Schriftsteller Michel Kilo, der in der Vergangenheit unter anderem wegen seiner Kritik an der syrischen Bevormundungspolitik gegenüber dem Libanon der "Schwächung des Nationalgefühls" beschuldigt und eingesperrt worden war, sagte über das Treffen mit der Assad-Vertrauten, die auch für die Angelegenheiten der Auslandssyrer zuständig ist: "Ich bin zu ihr gegangen und habe ihr gesagt, was ich denke". Er habe unterstrichen, dass "Teillösungen die Forderungen des syrischen Volkes nicht befriedigen werden".

Assad soll Schießverbot erteilt haben

Der Bürgerrechtsaktivist Louay Hussein sagte, die Shaaban habe ihn über eine Anordnung von Präsident Bashar al-Assad informiert, laut welcher den Sicherheitskräften untersagt sei, bei den für Freitag geplanten Protesten auf Demonstranten zu schießen. Wer dieser Anordnung des Staatschefs nicht Folge leiste, "müsse die volle Verantwortung tragen", habe die Beraterin hinzugefügt.

Westliche Diplomaten erklärten unterdessen, Russland bemühe sich darum, die Veröffentlichung eines UNO-Berichts zu Syrien zu verhindern. In dem Papier gehe es darum, dass der Iran angeblich ein Embargo unterläuft und Waffen nach Syrien liefert. Russland habe es abgelehnt, den Bericht als offizielles Dokument des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen publizieren zu lassen, sagte ein Diplomat der Nachrichtenagentur Reuters. "Es ist offensichtlich ein Versuch, Assad zu schützen", erklärte ein anderer Diplomat, der namentlich nicht genannt werden wollte. (APA)