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Syrische Demonstranten stürmen Grenzzäune auf dem Golan.

Foto: Reuters/Marey

Ramallah/Gaza/Tel Aviv - Palästinenser trauern am Tag der Nakba (Katastrophe) um den Verlust ihrer Heimat vor 63 Jahren. Damals wurde der Staat Israel gegründet - Hunderttausende Araber flohen oder wurden vertrieben. Oft blieb es am 15. Mai ruhig - an diesem Sonntag war alles anders: Bis zu 13 Palästinenser wurden an Israels Grenzen getötet. Bei den Protesten gegen die israelische Staatsgründung kam es an der Grenze zu Syrien und Libanon zu den schwersten Zwischenfällen seit Jahrzehnten.

Die israelische Armee warf dem Iran vor, die Proteste der Palästinenser beeinflusst zu haben. Die Regierung in Damaskus verurteilte dagegen das Vorgehen der israelischen Armee als "kriminelle Handlung auf den Golan-Höhen, in Palästina und im südlichen Libanon".

Zivilisten durchbrechen Golan-Grenze

Erstmals seit Jahrzehnten durchbrachen am Sonntag Tausende Zivilisten von Syrien aus die streng bewachte Grenze zu den von Israel besetzten Golanhöhen, wie die israelische Armee mitteilte. Medienberichten zufolge sind dabei zwei Demonstranten ums Leben gekommen.

Zehn Tote an der Grenze zum Libanon

Auch an der Grenze zum Libanon wurden offenbar zwischen drei und zehn Palästinenser getötet und bis zu 112 weitere verletzt.

Die israelischen Tageszeitung Haaretz zitiert Quellen aus der israelischen Armee, wonach sowohl die israelische als auch die libanesische Armee auf die Demonstranten geschossen haben, um sie am Übertreten der Grenze zu hindern.

Tausende Palästinenser aus libanesischen Flüchtlingslagern waren an die israelische Grenze bei Marun al-Ras geströmt. Sie forderten ein Ende der Besetzung palästinensischer Gebiete durch Israel und das Rückkehrrecht für geflohene und vertriebene Palästinenser und ihre Nachfahren.

Tödlicher Zusammenstoß in Tel Aviv

Die neue Welle der Gewalt begann am Sonntagmorgen, als ein arabischer Lastwagenfahrer in Tel Aviv einen Israeli tötete und 17 weitere verletzte. Die Polizei ermittelte, ob der 22-Jährige sein Fahrzeug in einem Wohnviertel im Süden der Stadt gezielt auf Passanten und Autos lenkte.

Unruhen in Gaza und im Westjordanland

Im Gazastreifen durchbrachen palästinensische Demonstranten am Sonntag Absperrungen der dort herrschenden Hamas und drangen bis zu dem israelischen Erez-Kontrollpunkt vor. Bei Konfrontationen mit israelischen Soldaten wurden nach Angaben von Sanitätern knapp 82 Menschen verletzt. Die meisten von ihnen hätten Schusswunden erlitten, hieß es. Etwa 15 seien von Granatsplittern getroffen worden. Auch hier ist laut der israelischen Armee ein Todesopfer zu beklagen, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters.

Auch an einigen Militärsperren im Westjordanland und in Ost- Jerusalem kam es zu Krawallen. Am Kalandia-Grenzübergang bei Ramallah warfen palästinensische Demonstranten Steine auf Soldaten, diese setzten Tränengas und Gummischrot gegen die Menge ein.

Ruhe an der Grenze zu Ägypten

An Ägyptens Grenze zum Gazastreifen blieb es am Sonntag hingegen ruhig. Die Behörden hatten bereits im Vorfeld Kundgebungen am Grenzübergang Rafah oder dessen Überquerung untersagt.

Die zentrale Gedenkveranstaltung der Palästinenserbehörde von Präsident Mahmoud Abbas zum Nakba-Tag begann am Mittag in Ramallah. Tausende Menschen marschierten von dem Präsidentenamt zum zentralen Manara-Platz. Die Sirenen heulten im Gedenken an die palästinensischen Flüchtlinge, die vor 63 Jahren ihre Heimat verloren.

Ismail Hanija, Führer der radikal-islamischen Hamas im Gazastreifen, drückte seine Hoffnung auf ein "Ende des zionistischen Projekts in Palästina" aus. Hanija bekräftigte während einer Ansprache, seine Organisation werde den Staat Israel weiterhin nicht anerkennen.

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu sagte während der wöchentlichen Kabinettssitzung: "Ich bedaure, dass es unter den israelischen Arabern und unseren Nachbarn Radikale gibt, die den israelischen Unabhängigkeitstag in einen Tag der Kriegshetze und des Zorns verwandeln." Am Abend erklärte Netanyahu, Israel werde alles tun, um seine Souveränität zu verteidigen. "Wir hoffen, dass bald wieder Ruhe herrscht", sagte der Regierungschef.

Israels Armee hatte das Westjordanland aus Furcht vor Anschlägen radikaler Palästinenser in der Nacht auf Sonntag abgeriegelt. Israel und die Palästinenserführung hatten bereits am Freitag die Sicherheitsvorkehrungen massiv verschärft, um Ausschreitungen zu verhindern. (APA/Reuters/sda)