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Michael Warm, der Trainer des Nationalteams.

APA-FOTO: GEORG HOCHMUTH

Wien - Einen Geist will Michael Warm entdeckt haben, Anfang Mai beim einwöchigen Trainingslager auf Mallorca. "Es ist ein Teamspirit entstanden", sagt der Deutsche, "die Liebe zum Projekt ist erstmals richtig spürbar geworden." Das Projekt ist die Volleyball-EM von 10. bis 18. September 2011 in Österreich und Tschechien. Und Warm ist seit einem Jahr Trainer der österreichischen Nationalmannschaft. Gespürt haben die Teamspieler aber weniger die Liebe denn ihre überbeanspruchten Muskeln.

Das Zusammentreffen beider Komponenten, also der EM und des Teamchefpostens, erlaubt es dem 43-jährigen Nürnberger nämlich, sich derzeit ordentlich auszutoben. Der heimische Verband ÖVV will beim Großereignis vor eigenem Publikum zumindest kein Debakel erleben, Warm soll das Team auf Vordermann trimmen. "Mit Siegen der österreichischen Nationalmannschaft kann man viele Jugendliche zum Sport bringen", hofft Präsident Peter Kleinmann.

Die Papierform freilich spricht gegen dieses Vorhaben. Österreich ist abgeschlagen auf Platz 73 der diesbezüglichen Weltrangliste zu finden, die EM-Teilnahme ist ganz allein der Rolle des Mitveranstalters geschuldet. Damit stehen die Volleyballer aber nicht alleine da, auch die Fußballer (2008) und die Handballer (2010) "qualifizierten" sich zuletzt auf diesem Weg für eine EM.

1999, bei der bisher letzten Turnierteilnahme, schaute der achte und letzte Platz heraus - ohne einen einzigen Satzgewinn. Die EM wurde in Wien und Wiener Neustadt gegeben, Österreich war natürlich fix qualifiziert.

Bei Weltmeisterschaften, um noch tiefer in die triste Statistik vorzustoßen, gab es bei bisher zwei Teilnahmen (1956, 1962) zweimal den letzten Platz. Warm sind diese historischen Begebenheiten egal. Ende April startete er mit dem Team die Intensiv-Vorbereitung, die ohne längere Unterbrechungen auskommen wird. "Bis zur EM bleibt die Band im Wesentlichen zusammen", sagt Warm, der seinen Bandmitgliedern bis dahin nur zwanzig freie Tage gönnen wird.

Karate, Tanz, Gespräche

Als Hauptquartier dient das Sportzentrum Steinbrunn im Burgenland, wo Warm täglich bis zu sieben, acht Stunden schuften lässt. Als einziger Legionär im 15 Mann starken Kader ist Philip Schneider vom französischen Erstligisten Montpellier dabei (siehe Interview). "Ich bin glücklich, dass der Start gut funktioniert hat", sagt Warm. "Aber der Berg, den es zu besteigen gilt, ist noch ein hoher." Auf Mallorca hätten die Spieler sein unorthodoxes Programm gut aufgenommen. So standen neben Athletik- und Krafttraining auch Meditation, Karate, Aqua-Gymnastik, Tanzen oder Gespräche mit dem Sportpsychologen Tom Schroffenegger, selbst Ex-Volleyballer, auf dem Programm.

"Da ist nichts Besonderes dabei", sagt Warm zu den intensiven Trainingseinheiten. "Große Nationen trainieren seit zehn Jahren so." Am Ende des Prozesses sollen Fortschritte erkennbar sein, aber nicht zwingend EM-Siege stehen. "Wir müssen niemanden schlagen", sagt Warm vor den Gruppenspielen gegen Slowenien, die Türkei und Serbien. "Wir haben uns Stabilität erarbeitet, die Augenhöhe mit stärkeren Gegnern bedeutet. Aber wir sollten klug genug sein, uns in der Außenseiterrolle zu belassen."

Schlecht sind Erfolge freilich nie, und so stehen vor der EM noch 26 Länderspiele und also Siegesmöglichkeiten auf der Agenda. 14 Matches erfolgen innerhalb der Wettkampfserie European League. Los geht es aber in aller Freundschaft am Wochenende in Steinbrunn (20. Mai) und Horn (21.) gegen Kroatien. Als Highlight warten am 4. und 5. August in Österreich zwei Duelle mit Weltmeister Brasilien.

Geht es nach Präsident Kleinmann, soll die Randsportart Volleyball in Österreich über den EM-Hype hinaus populär bleiben. Als Vision taucht die erstmalige Teilnahme bei Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro auf. Kleinmann goutiert den Kampf ums EM-Leiberl mit Wohlwollen. "Die Spieler scharren mit den Füßen, weil sie im Team dabei sein wollen. Früher hat man manche Spieler bitten müssen, damit sie überhaupt spielen." (David Krutzler, DER STANDARD Printausgabe 16.05.2011)