Dominique Strauss-Kahn saß schon im Flugzeug, als ihn zwei Kriminalbeamte festnahmen. Nur noch zehn Minuten, dann sollte die Air-France-Maschine nach Paris auf die Startbahn des John-F.-Kennedy-Airports rollen. Von der Seine sollte es weitergehen nach Berlin, wo der Direktor des Internationalen Währungsfonds am Sonntag mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel über die Sorgenkinder der Eurozone sprechen wollte.

Am Sonntag wurde Anklage gegen den Franzosen erhoben, wegen versuchter Vergewaltigung und Freiheitsberaubung. Sein Mandant werde auf nicht schuldig plädieren, ließ Strauss-Kahns Anwalt William Taylor wissen.

Im New Yorker Luxushotel Sofitel mitten im Theaterdistrikt am Broadway hatte der 62-Jährige in einer dreitausend Dollar teuren Suite übernachtet. Nach Aussage eines Zimmermädchens soll er nackt aus dem Badezimmer gekommen sein, während sie am Samstag im Flur der Suite saubermachte. Dann soll er sie ins Schlafzimmer gezogen, aufs Bett geworfen, sexuell bedrängt haben. Zunächst habe die 32-Jährige den Politiker abwehren können, doch der habe sie erneut angegriffen und ins Bad gezerrt, so Polizeisprecher Paul Browne. Dann sei es ihr gelungen zu fliehen.

Als die Polizei eintraf, war Strauss-Kahn auf dem Weg zum Flughafen. Er schien überstürzt aufgebrochen zu sein. Beamte fanden in der Suite sein Mobiltelefon und andere persönliche Sachen.

2008 war Strauss-Kahn wegen einer Affäre mit einer Mitarbeiterin schon einmal ins Zwielicht geraten. Seine Geliebte, die ungarische Ökonomin Piroska Nagy, musste ihren Schreibtisch räumen und sprach dann später von Nötigung. Strauss-Kahn entschuldigte sich bei seinen Kollegen und seiner Ehefrau, der Journalistin Anne Sinclair. Der Gouverneursrat, das IWF-Führungsgremium, nahm ihn damals in Schutz. Machtmissbrauch könne man dem Direktor nicht vorwerfen.

Doch in Paris kennt man weitere Fälle: Von Erfahrungen mit einem aggressiv bedrängenden Strauss-Kahn berichteten etwa die heutige Sprecherin der sozialistischen Parlamentsfraktion, Aurélie Filippetti, und die Schriftstellerin Tristane Banon. (Frank Herrmann aus Washington/DER STANDARD, Printausgabe, 16.5.2011)