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Bisher konnte Rettberg dem Haftantritt entgehen. Zunächst hatte er um Strafaufschub aus beruflichen und privaten Gründen angesucht, der bewilligt wurde.

Foto: Reuters/Heinz-Peter Bader

Wien - Rückschlag für den ehemaligen Libro-Chef Andre Rettberg: Das Oberlandesgericht (OLG) Wien hat seinen Wiederaufnahmeantrag im bereits abgeschlossenen Strafverfahren wegen versuchter betrügerischer Krida aus dem Jahr 2008 abgewiesen, erklärte OLG-Sprecher Reinhard Hinger. Mit der nicht mehr bekämpfbaren Entscheidung bleibt das erstinstanzliche Urteil aufrecht, in dem Rettberg zu drei Jahren Haft verurteilt worden ist - davon acht Monate unbedingt. Er hatte versucht, im Zuge der Insolvenz der börsenotierten Buch- und Papierwaren-Kette rund 3,63 Mio. Euro vor seinen Gläubigern zu verheimlichen.

Bisher konnte Rettberg dem Haftantritt entgehen. Zunächst hatte er um Strafaufschub aus beruflichen und privaten Gründen angesucht, der bewilligt wurde. 2010 brachte Rettberg dann den nun abgewiesenen Antrag auf Wiederaufnahme ein. Dieser wurde zunächst vom Landesgericht Wiener Neustadt und nun vom OLG abgewiesen.

Entscheidung über Fußfessel kommende Woche

Um der drohenden Haft zu entgehen, hatte Rettberg bereits im Vorjahr auch um die Fußfessel angesucht. Darüber soll kommende Woche entschieden werden, sagte der stellvertretende Leiter der Vollzugsdirektion, Peter Prechtl.

Derzeit sitzt Rettberg erneut auf der Anklagebank am Landesgericht in Wiener Neustadt vor Richterin Birgit Borns - diesmal mit vier weiteren Angeklagten. Borns hatte ihn 2008 wegen versuchter betrügerischer Krida verurteilt. Nach einer mehr als einmonatigen Pause wird das Verfahren in der Causa Libro am kommenden Montag (23. Mai) mit der Befragung von Analysten und einem Wirtschaftsprüfer als Zeugen fortgesetzt.

Rettberg, Ex-Finanzvorstand Johann Knöbl, der ehemalige Aufsichtsratschef Kurt Stiassny, dessen Stellvertreter Universitätsprofessor Christian Nowotny und Wirtschaftsprüfer Bernhard Huppmann wird laut Anklage Untreue, Betrug und Bilanzfälschung vorgeworfen. Ihnen drohen bis zu zehn Jahre Haft. Sie haben bisher die Vorwürfe im Wesentlichen bestritten.

"Kann mich nicht mehr erinnern"

Richterin Borns hat bisher in 25 Verhandlungstagen zahlreiche Zeugen zu den teilweise mehr als zehn Jahre zurückliegenden Geschehnissen um den Börsengang der Buch- und Handelskette im November 1999 sowie deren spätere Insolvenz (2001/2002) befragt. Immer wieder hieß es von Zeugen: "Es ist schon mehr als zehn Jahre her, ich kann mich daran nicht mehr erinnern."

Beim sehr ruhig und zielstrebig geführten Verfahren wurde bisher unter anderem das umstrittene Gutachten des ehemaligen KPMG-Geschäftsführers und derzeitigen Chefs der verstaatlichten Kärntner Hypo, Gottwald Kranebitter, umfangreich geprüft. Kranebitter selbst wurde von der Staatsanwaltschaft in den Ermittlungen achteinhalb Jahre als Beschuldigter geführt, Anklage gegen ihn wurde aber nicht erhoben. Aufgrund dieses Gutachtens wertete der Libro-Vorstand 1999 die deutsche defizitäre Libro-Tochter auf 140 Mio. Schilling auf, womit für die Libro AG ein außerordentlicher Ertrag von 116,1 Mio. Schilling ausgewiesen wurde. Dies ermöglichte noch im selben Jahr vor dem geplanten Börsegang die Ausschüttung einer Sonderdividende von 440 Mio. Schilling.

Als weiterer größerer Brocken im Prozess wurde auch der unter enormen Zeitdruck erfolgte Einstieg der Telekom Austria (TA) beim Libro-Börsegang im November 1999 unter die Lupe genommen. Für einen Anteil von 25 Prozent bezahlte die TA damals 1,175 Mrd. Schilling (85,4 Mio. Euro) an die Libro-Altaktionäre - darunter unter anderem auch die von Stiassny geführte UIAG und Ex-Libro-Chef Rettberg. Nur kurze Zeit nach dem Closing (Anfang 2000) änderte die TA ihre Strategie. Ende 2000 wurde die Beteiligung im Konzernabschluss nach IFRS voll abgeschrieben, während sie im Einzelabschluss noch mit rund 600 bis 700 Mio. Schilling bewertet wurde. (APA)