"Die vielzitierte 'Generation Praktikum' bleibt ein Mythos", resümierte der Vorstand des Arbeitsmarktservice (AMS), Johannes Kopf, nach der Präsentation einer neuen Studie über den Berufseinstieg von Uni-Absolventen in Österreich. Der Studie zufolge sind 68 Prozent der Jungakademiker zwei bis sechs Jahre nach Ende des Studiums regulär erwerbstätig und nur drei Prozent ohne Beschäftigung. (derStandard.at berichtete)

Die Aussage, wonach die Generation Praktikum ein Mythos sei, verärgert aber viele Betroffene und auch seitens der Politik stößt sie auf Widerstand. Birgit Schatz, ArbeitnehmerInnensprecherin der Grünen und Abgeordnete zum Nationalrat, findet es "erstaunlich", dass man durch die Studie zu dem Schluss kommen kann, dass es keine Generation Praktikum gibt. Das entspreche nicht der Realität.

Geringer Rücklauf

Sie bemerkt: "Nur 23 Prozent haben auf den Fragebogen geantwortet. Es bleiben 77 Prozent, die nicht darauf reagiert haben." Schatz vermutet, dass eher Menschen, die erfolgreich sind, an Umfragen wie diesen teilnehmen.

Außerdem kritisiert sie, dass nicht erfragt wurde, ob man ein Praktikum macht oder gemacht hat. 

Ihrer Ansicht nach wurde die Studie "massiv fehlinterpretiert". Wenn 80 Prozent aller Absolventen in den ersten sechs Monaten Erwerbstätigkeit finden, bedeute das immer noch, dass 20 Prozent nicht in einer fixen Anstellung sind. Nimmt man die Absolventenzahlen her, so Schatz, sind 8.000 Menschen betroffen, die im ersten halben Jahr nach Studienende keinen fixen Job haben. Gerade diese Gruppe absolviere oft Praktika.

Töchterle "weltfremd"

"Wie weltfremd muss man als Wissenschaftsminister sein, um dann zu resümieren, dass es keine Generation Praktikum gibt?", rügt Schatz auch Karlheinz Töchterle. Die Studie wurde vom Wissenschaftsministerium in Auftrag gegeben und er war bei der Präsentation anwesend.

Die Studie klammere zudem aus, dass viele Praktika bereits während des Studiums erfolgen. Danach soll es keine Praktika mehr geben, findet Schatz, auch wenn es aber oft nicht der Realität entspreche. Für die Praktika - die am besten also während der Studienzeit erfolgen sollen - fordert sie, dass sie gesetzlich klar definiert sind. Sie sollen in den Kollektivverträgen fix definiert sein, je nach Branche gestaltet.

"Man kommt nicht drum herum"

Auch Barbara Kasper, Jugendsekretärin bei der GPA-DJP, sagt im Gespräch mit derStandard.at, dass sie sehr wohl viele junge Menschen kennt, die ein Praktikum - auch unbezahlt - absolvieren. "Teilweise kommt man nicht darum herum." Sie spreche aus eigener Erfahrung, so Kasper. Im Bachelorstudium sei sie verpflichtet gewesen ein Praktikum zu machen, um das Studium abschließen zu können. Viele würden in Kauf nehmen, nichts bezahlt zu bekommen, anstatt länger zu warten. Sie ziehen es vor, das Studium abzuschließen. "Oft genug hat man keine andere Wahl", sagt Kasper.

In ihrer Rolle als Jugendsekretärin versucht Kasper jedenfalls Betroffene, die sich an sie wenden, aufzuklären: welche Rechte und Pflichten man als Praktikant hat und dass von einem Praktikanten nicht dasselbe verlangt werden könne, wie von einem regulären Angestellten. Die Gewerkschaft führt auch Beratungen durch, wie man zu seinem Geld kommt, wenn man im Nachhinein drauf kommt, ausgenutzt worden zu sein. 

Kasper rät auf jeden Fall: Im vornherein abchecken, wie das Arbeitsverhältnis aussieht und wieviel Geld einem normalerweise zustehen würde.

"Praktika finden in Übergangsphasen statt"

Anna Schopf hat die Plattform Generation Praktikum gegründet. Schon seit mehreren Jahren beschäftigt sie sich mit der Thematik und findet es erstaunlich, dass heute überhaupt noch thematisiert wird, ob im Zusammenhang mit der Generation Praktikum von einem Mythos gesprochen wird. 

"Praktika finden in Übergangsphasen statt", sagt sie. Gerade im ersten Jahr nach Beendigung des Stuiums seien Praktika Gang und Gäbe. 

In Bezug auf die Studie, die in erster Linie Absolventen zwei bis sechs Jahre nach dem Ende des Studiums berücksichtigt, sagt sie: "Nach sechs Jahren ist niemand mehr Praktikant. Und wenn es so wäre, wäre es wirklich tragisch." (rwh, derStandard.at, 19.5.2011)