Zweimal im Monat stehen PolizistInnen und AfrikanerInnen im Meidlinger Café Motelli zu Gesprächen bereit.

Foto: Fair und Sensibel - Polizei und AfrikanerInnen

Oberstleutnant Josef Böck und Vereinsmitarbeiterin Brigitt Albrecht.

Foto: Eva Zelechowski

"Als Mitte der Neunziger Jahre die Anzahl afrikanischer Einwanderer in Österreich zugenommen hat, ist auch der Unmut in der Bevölkerung sowie bei der Polizei angestiegen", erklärt Oberstleutnant Josef Böck, Leiter des Vereins "Fair und Sensibel - Polizei und AfrikanerInnen". Böck wartet mit fünf weiteren Personen im Meidlinger Café Motelli, dem Vereinstreffpunkt. Zweimal im Monat stehen PolizistInnen und AfrikanerInnen dort für Gespräche zur Verfügung.

Gleich zu Anfang wird über den Stimmungsumschwung in der österreichischen Bevölkerung gesprochen: Das bis dahin verbreitete Image als Student, Sportler oder Diplomat sei Mitte der Neunziger dem Vorurteil des Drogendealers gewichen. Allein schon aufgrund der Visibilität von Schwarzafrikanern in der Drogenszene hieß es: Afrikaner ist gleich Drogendealer.

Sensibilisierung"

"Jede/r achte Österreicher/in assoziiert 'Afrikaner' mit Kriminalität und Drogenhandel", schreibt der Afrikanist Erwin Ebermann in seinem Buch "Afrikaner in Wien" von 2009. Hat sich seither die Situation afro-österreichischer Menschen hierzulande spürbar verbessert? Im Jahr 2000 kam es zu einem Umbruch, der die Gesellschaft und die Exekutive gleichermaßen betraf. Das Stichwort lautete 'Sensibilisierung'. Aufklärungsarbeit seitens der Medien, öffentlicher sowie privater Vereine sollte helfen, die unbekannte Kultur zu verstehen und Berührungsängste zu beseitigen.

Nah am Nachbarn

"Die Anspannungen haben damals das Frustpotenzial ansteigen lassen", so Böck und nach und nach ein Umdenken mithilfe so genannter "Sensibilisierungsworkshops" ausgelöst. Der 2000 gegründete Verein "Fair und Sensibel" hat sich der Aufklärungsarbeit innerhalb der afrikanischen Community und  unter den PolizistInnen verschrieben. Denn "Feindbilder gedeihen dort am besten, wo es keine Kommunikation gibt", so der Slogan des sich als überparteilich und überkonfessionell deklarierenden Vereins. Teil des Programms sind Beratung, Aus- und Weiterbildung, Sportevents oder gemeinsames Musizieren in orientalischen Wiener Restaurants. Gemäß der Devise 'ganz nah am Nachbarn und authentisch.'

Freiwillige Teilnahme

Die Frage nach der Art und Weise, wie Sensibilisierungs-freudige Exekutiv-Beamte zu den multikulturellen Zusammentreffen in legerem Ambiente des gegenseitigen Beschnupperns und - wie es heißt - "Bereicherns", kommen, löst ein verkrampftes Lächeln beim Oberstleutnant aus. "In Kooperation mit NGOs bieten wir Veranstaltungen mit Workshops und Vorträgen an, die von der Sicherheitsakademie (SIAK) erstellt wurden. Die Teilnahme läuft auf freiwilliger Basis", sagt Böck. Verpflichtende Kurse sind hingegen auf die Ausbildung beschränkt, was nicht interessierten und/oder alteingesessenen Beamten einen Termin erspart. Diese laut Böck "hochwertigen" Seminare finden einmal pro Jahr statt und sind für maximal 25 Personen konzipiert.

Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit

Oberst Sepp, der den Anwesenden schon bei der Begrüßung das Du-Wort anbietet, und seine Schweizer Mitarbeiterin Brigitt Albrecht sprühen vor Engagement und Tatendrang. Genauso wie die drei afrikanischen Männer, die sich vom Verein "African and Ethnic Minority Advocancy Centre", kurz "aemac", zum Vereins-Treffen eingefunden haben. Durch die Aufnahme im "Fair und Sensibel"-Zirkel erhoffen sich die Männer mehr Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit und Fördergelder für ihre Anliegen als NGO: Menschen jeglicher ethnischer Herkunft eine angemessene Rechtsberatung und -vertretung zu gewährleisten.

Die drei Juristen aus Nigeria, mit denen Böck mit einem Soda-Citron auf die eben beschlossene Vereinsmitgliedschaft anstößt, bekommen den Trinkspruch: "Reich werdet's aber nicht davon!" zu hören. Sie schütteln vehement den Kopf und wiederholen ihre juristischen Ziele als NGO und Menschenrechtsvertretung.

Der "Neger"-Sager

Auf sämtlichen PR-Fotos der fairen und sensiblen Aktivitäten lacht eine Gruppe PolizistInnen, ehrenamtlicher MitarbeiterInnen und AfrikanerInnen in die Kamera. Die Atmosphäre beim Vereinstreffen ist aber eine andere, vor allem als Oberst Böck lachend hervorprescht und mit einer Aussage für eine betretene Stimmung sorgt: "Ich kann ja auch mit meinen Freunden herumscherzen und 'Neger' sagen. Man weiß, dass ich es nicht böse meine."

Die Annahme für den Anlass der Vereinsgründung bestätigt sich: "Natürlich hat der Tod Marcus Omofumas mit den Anfängen von 'Fair und Sensibel' zu tun", sagt Böck. (Eva Zelechowski, daStandard.at, 19. Mai 2011)