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Constantini hat ausgemistet und die Qualifikation abgehakt.

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Für Marko Arnautovic, den 22-jährigen Legionär von Werder Bremen, ist vorerst kein Platz mehr im Nationalteam.

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Wien - Der Teamchef hat sich selbst gegeißelt. Dietmar Constantini legte daheim im schönen Tirol eine ganz bestimmte DVD ein. Sogar mehrmals. Zu sehen war ein Horrorfilm, quasi ein Remake vom Angriff der Killertomaten , er wurde am 29. März in Istanbul gedreht. Nebendarsteller war die österreichische Fußballnationalmannschaft. Die Hauptrolle schnappte sich die türkische, sie siegte 2:0. "Das war eine ganz schwache Leistung, wir haben im Mittelfeld jeden Ball verloren, kamen nie in die Offensive." Vier Tage davor wurde in Wien gegen Belgien ebenfalls 0:2 verloren, auch davon besitzt Constantini eine DVD. "Nicht ganz so schlimm, das war eher ein Kopfproblem."

Das nächste Problem, dies zur Beunruhigung, kommt bestimmt. Es ist praktisch schon da, heißt Deutschland. Dieses sehr gute bis außergewöhnliche Team gastiert am 3. Juni anlässlich der EM-Qualifikation im ausverkauften Happel-Stadion. Am 19. Mai  gab Constantini in Wien jene 23 Namen preis, die dieses Problem lösen sollen, aber es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht lösen werden. Er fragte sich selbst: "Soll ich aufspringen, jubeln und sagen, wir holen die drei Punkte? Völlig unrealistisch."

Constantini blieb also sitzen. "Man muss über die Kräfteverhältnisse net diskutieren. Auch nicht darüber, dass wir zur EM nach Polen und in die Ukraine fahren. Finden Sie das zu negativ, sage ich halt, dass wir die restlichen fünf Begegnungen gewinnen."

Eine Aufbruchstimmung wäre zu kurios gewesen. Constantinis Abbruchstimmung hatte fast Charme. Und seine Entscheidung, Marko Arnautovic nicht einzuberufen, war absolut nachvollziehbar. "Das ist eine Entscheidung gegen sein Talent und für das Kollektiv. Wenn Arnautovic über die Linie geht, hast du ihn als Trainer verloren." Constantini lehnte es ab, über den Legionär von Bremen, den er in der Vergangenheit oft bis zu oft gelobt hatte, herzuziehen. "Es ist nicht gut, wenn einer, der so viel Potenzial hat, es nicht abruft. Er muss sich radikal ändern." Der Unterhaltungswert des ÖFB-Teams ist insofern gesunken, als es keinen mehr gibt, der einen Mitspieler in der Kabine abwatscht. Stefan Maierhofer könnte sich seines Lebens sicher sein, allerdings fehlt auch er, sein Mittelfuß war gebrochen.

Arnautovic hat Constantini vor drei Tagen angerufen. "Er ersuchte um eine Nominierung. Es geht aber nicht. Einige Top-Profis goutieren es nicht, wenn ein Junger macht, was er will."

Der Teamchef hat ausgemistet: kein Arnautovic, kein Roman Wallner, kein Roland Linz, kein Ümit Korkmaz. Sie und ein paar andere wurden auf die Warteliste gesetzt. Andreas Ivanschitz ist "relativ nahe" am Comeback gewesen. Er wurde, dumm für den Ex-Kapitän, ausgerechnet beim 3:1-Sieg der Mainzer gegen Schalke beobachtet. "Und da war er leider nicht gut." Ivanschitz wurde von Klubtrainer Thomas Tuchel ausgetauscht, insofern lag Constantini zumindest nicht falsch.

Drei Neulinge

Es gibt gleich drei Debütanten: Den Rieder Daniel Royer, Manuel Weber von Sturm Graz und Hans-Peter Berger, der hütet das Tor der Admira. Einsergoalie Jürgen Macho fehlt wegen eines Muskelfaserrisses, Helge Payer und Christian Gratzei streiten friedlich um das Leiberl. Der Rapidler Stefan Kulovits gehört zum zweiten Mal einem Aufgebot an, das erste Mal war vor sechs Jahren gegen Zypern. Constantini: "Er steht zu 100 Prozent unter Strom."

Natürlich sei es das Ziel, gegen die Deutschen (Bastian Schweinsteiger und Sami Khedira fallen vermutlich aus) zu punkten. "Wir müssen die Rolle des Außenseiters wegstecken." Achtung Witz: "Beim Song-Contest haben sie uns zwölf Punkte gegeben, jetzt holen wir uns noch einmal drei."

Am 7. Juni steht in Graz ein Test gegen Lettland an. Speziell im Falle einer Niederlage gegen Deutschland wäre die Unlust groß. Constantini: "Es kann sein, dass ich vor dem Match einige Spieler in den Urlaub schicke. Es kann auch sein, dass ich selbst schon auf Urlaub bin. Man weiß ja nie in diesem Geschäft." Eine DVD wird es selbstverständlich geben. (Christian Hackl, DER STANDARD, Printausgabe, Freitag, 20. Mai 2011)

Der 23-Mann-Kader für das EM-Qualifikationsspiel gegen Deutschland (3. Juni in Wien) und das freundschaftliche Länderspiel gegen Lettland (7. Juni in Graz):

Tor: Helge Payer (Rapid/20 Länderspiele/24 Gegentore), Christian Gratzei (Sturm Graz/5/10), Hans-Peter Berger (Admira/0/0)

Abwehr: Aleksandar Dragovic (FC Basel/SUI/11 Länderspiele/0 Tore), Manuel Ortlechner (Austria/6/0), Emanuel Pogatetz (Hannover 96/GER/42/2), Thomas Schrammel (Ried/0/0), Ekrem Dag (Besiktas Istanbul/TUR/5/0), Christian Fuchs (FSV Mainz 05/GER/39/1), Florian Klein (Austria/6/0)

Mittelfeld: Paul Scharner (West Bromwich Albion/ENG/34/0), David Alaba (1899 Hoffenheim/GER/8/0), Julian Baumgartlinger (Austria/11/0), Andreas Hölzl (Sturm Graz/10/2), Zlatko Junuzovic (Austria/11/0), Stefan Kulovits (Rapid/1/0), Christoph Leitgeb (Salzburg/27/0), Daniel Royer (Ried/0/0), Manuel Weber (Sturm Graz/0/0)

Angriff: Erwin Hoffer (Kaiserslautern/GER/22/3), Marc Janko (Twente Enschede/NED/19/7), Roman Kienast (Sturm Graz/10/1), Martin Harnik (VfB Stuttgart/GER/22/3)

Auf Abruf: Georg Margreitter (Austria/0/0), Guido Burgstaller (Wiener Neustadt/0/0), Christopher Drazan (Rapid/2/0), Alexander Grünwald (Wiener Neustadt/0/0), Jakob Jantscher (Salzburg/9/1), Ümit Korkmaz (VfL Bochum/GER/10/0), Marko Arnautovic (Werder Bremen/GER/11/4), Stefan Maierhofer (MSV Duisburg/GER/17/1), Roland Linz (Austria/39/8), Roman Wallner (Salzburg/29/7)