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Foto: REUTERS/Leonhard Foeger

Vorausgeschickt sei, dass es jede/n ehrt, wenn er oder sie den Mut hat, KritikerInnen gegenüber zu treten. Das gilt auch für Josef Cap, vor rund zwei Wochen zu Besuch im Republikanischen Klub: einer Lokalität, die für den SPÖ-Klubchef im Parlament traditionell wohl eher "Freundesland" ist. Zumindest war das in den Klub-Gründungsjahren nach der Waldheimaffäre 1986 sowie beim Lichtermeer 1993 so - und unter Schwarzblau, als die Sozialdemokraten die Unterstützung der Zivilgesellschaft dringend brauchen konnten, dann auch wieder.

Am 4. Mai 2011 jedoch kam Cap als Vertreter der Bundeskanzler-Partei, und damit machtgewiss, ins Klublokal in der Wiener City. Mit der fremdenrechtsgebeutelten Initiative für binationale Paare "Ehe ohne Grenzen" - und geleitet von der Journalistin und ORF-Club 2-Moderatorin Corinna Milborn - diskutierte er über "die SPÖ und die Fremden". Zwar betonte er, zu Lernzwecken gekommen zu sein. Aber er vermittelte, dass er das im Grunde nicht nötig habe. Diese Diskrepanz drückte dem Abend ihren Stempel auf. Wer wissen wollte, wie die Parlaments-SPÖ zu ihrer Zustimmung zum Fremdenpaket mit nur einer Gegenstimme kam - mit welchen Argumenten die Skepsis einer Reihe Abgeordneter übertrumpft wurde - erhielt Einblick.

Freiheit, Gleichheit

Denn für Cap ist die neue, mit 1. Juli 2011 wirksam werdende Fremdenrechtsnovelle samt Anwesenheitspflicht für Asylwerber in den Erstaufnahmezentren - sprich: Internierung - mit den sozialdemokratischen Grundwerten (Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit und Solidarität) "absolut vereinbar". Das könne er für jede einzelne neue Regelung auch durchargumentieren, er habe sie "praktisch auswendig gelernt", sagte er. Und immerhin habe die SPÖ eine Reihe usprünglich geplanter Verschärfungen wegverhandelt, sodass die restlichen (etwa, dass Schubhaft für 14- bis 16-Jährige immer noch nicht ausgeschlossen ist) nicht ins Gewicht fielen. Diese Schubhaften würden nur "in Zentren, die nicht traumatisierend wirken" stattfinden.

Und dann begann er, autoritär zu werden. Etwa beim Thema der hohen Einkommenserfordernisse für ÖsterreicherInnen, die sich in Menschen von außerhalb der EU verliebt haben und mit diesen in Österreich zusammenleben wollen. Hier sei eben zu befolgen, was mit Zustimmung der SPÖ vor fünf Jahren angeschafft worden ist, meinte er. Besagte ÖsterreicherInnen müssen ein Mindesteinkommen von 1200 Euro netto monatlich vorweisen, was zwei Drittel aller Frauen nicht können; eine Reihe Betroffener saß im Publikum: "Ja, das wurde so beschlossen, ist so, ich will das so". Und, auf einen weiteren Veranschaulichungsversuch: "Wir können das regeln wie wir wollen in Österreich! Wir sind ein souveränes Land." Ganz so als stelle, wer das Fremdenrecht kritisiert, auch gleich die Eigenstaatlichkeit Österreichs mit zur Diskussion.

Gerechtigkeit, Solidarität 

Überhaupt verstieg sich Cap zunehmend zum Majestätsplural - auch bei innerparteilichen Themen. "Das ist ihre Meinung aber nicht unsere", antwortete er auf die Frage, was er von den fremdenrechtskritischen Positionen der Wiener Integrationsstadträtin Sandra Frauenberger (SP) halte. Einwände aus dem Publikum beantwortete er durch Verharmlosungen: "Das entspricht 200 Vokabeln, die ich lerne, bevor ich nach Griechenland aus Urlaub fahre", sagte er zu dem vor der Einreise nunmehr verlangten Deutschniveau A1. Durch klischeebetonte Ablenkung: Für "Türkinnen mit muslimischem Hintergrund" seien die zwei Wochen Deutschkurs für A1 die einzige Zeit, in der ihnen ihre Männer nichts vorschreiben könnten. Und, als insistiert wurde, wieder autoritär: "Wenn ich will, dass B1 die Barriere ist, dann ist es so und Ende!". 

Bezeichnend dann Caps Statement, als es um den Zugang arbeitender Ausländer zum Gesundheits- und Sozialsystem ging: "Ein jeder kommt zu seinem Recht, in welchem Ausmaß auch immer", sagte er. Die SPÖ und die Fremden, Mai 2011. (Irene Brickner, derStandard.at, 21. Mai 2011)