Connie Willis: "Blackout / All Clear" (Spectra 2010); bislang nicht auf Deutsch erschienen

Coverfoto: Spectra

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Als bester Film ausgezeichnet: "Inception"

Foto: APA/EPA/STEPHEN VAUGHAN / WARNER BROS

Washington - Die SFWA, Dachorganisation der US-amerikanischen Science-Fiction-AutorInnen, hat sich in Washington versammelt und auf ihrer jährlichen Gala die PreisträgerInnen der heurigen Nebula Awards bekannt gegeben - neben dem Hugo Award die wichtigste Auszeichnung des Genres. Und während das vergangene Jahr ganz im Zeichen des Aufsehen erregenden Jungautors Paolo Bacigalupi stand, kamen heuer vor allem VeteranInnen des Genres auf ihre Rechnung. Ausgezeichnet wurden unter anderem Connie Willis, Terry Pratchett und Harlan Ellison.

Der beste Roman

Der prestigeträchtigste Preis - der für den besten Roman - ging an die 65-jährige US-Autorin Connie Willis, die im Verlauf ihrer Karriere schon eine ganze Reihe Hugos und Nebulas eingeheimst hat: In ihrem noch nicht ins Deutsche übersetzten Doppelroman "Blackout / All Clear" schildert sie die Erlebnisse einer Gruppe von HistorikerInnen der Oxford University, die aus ihrer Gegenwart - Mitte des 21. Jahrhunderts - Expeditionen in die Vergangenheit unternehmen, um Feldforschung zu betreiben. Angst vor gefährlichen Zeitparadoxa haben sie nicht: Das Raum-Zeit-Gefüge selbst scheint sich Eingriffen in den historischen Ablauf zu widersetzen. Doch als sie im Zweiten Weltkrieg stranden, stehen sie nicht nur vor dem Problem, dass sie möglicherweise nicht zurückkehren können. Sie beginnen auch zu befürchten, dass sie die Geschichte vielleicht doch verändert haben.

Willis' Konkurrenz deckte eine große Bandbreite des Phantastik-Genres ab: Aus der Science Fiction kam neben Willis' Doppelroman noch "Echo" von Jack McDevitt, ein weiterer Roman um seinen interstellaren Antiquitätenhändler Alex Benedict (auf Deutsch bereits bei Bastei Lübbe angekündigt). "The Native Star" von M.K. Hobson ist ein Steampunk-Western mit Zombies und Magie, "Who Fears Death" von Nnedi Okorafor erzählt in der Form des Magic Realism die Geschichte eines Mädchens, das in einem von Magie geprägten Nordafrika der nahen Zukunft einen Genozid verhindern soll. "Shades of Milk and Honey" von Mary Robinette Kowal und "The Hundred Thousand Kingdoms" von N.K. Jemisin schließlich stehen für Fantasy: Ersteres ist in einem an Jane-Austen-Romane erinnernden Setting angesiedelt, letzteres ein High-Fantasy-Roman, der in einer von Menschen und Göttern bewohnten Welt handelt. Jemisins Roman ist unter dem Titel "Die Erbin der Welt" bereits auf Deutsch erhältlich und ebenso wie sein Nachfolger "Die Gefährtin des Lichts" ("The Broken Kingdoms") bei Blanvalet erschienen.

Bester Film

Der Preis für die beste dramatische Darbietung ging an Christopher Nolans nicht nur visuell beeindruckenden Film "Inception" über Wirtschaftsspione, die in die Träume ihrer Opfer eindringen, um ihnen Informationen zu entlocken. Die Konkurrenz war hier allerdings nicht allzu stark: Nominiert waren unter anderem auch die Animationsfilme "Toy Story 3", "Drachenzähmen leicht gemacht" und "Ich - Einfach Unverbesserlich" sowie der ebenso unverwüstliche wie unvermeidliche "Doctor Who".

Literatur in Kürze

Als beste Novelle wurde "The Lady Who Plucked Red Flowers Beneath the Queen's Window" von Rachel Swirsky gekürt, das sich um die seriellen Wiedergeburten einer Magierin dreht. Beim nächstkürzeren Format, der "Novelette", ging der Preis an Eric James Stones "That Leviathan, Whom Thou Hast Made", in dem Mormonen und eine Rasse außerirdischer Wesen wechselseitig zur Herausforderung ihres jeweiligen Glaubens werden. Und den Preis für die beste Kurzgeschichte müssen sich zwei arrivierte SchriftstellerInnen teilen: Kij Johnson, die in "Ponies" Kitschwelten à la "Winx Club" in eine etwas gruseligere Richtung weiterdenkt, und der kurz vor seinem 77. Geburtstag stehende Star-Autor Harlan Ellison für seine Satire "How Interesting: A Tiny Man" über die Erschaffung eines winzigen Menschen bzw. die Reaktionen seiner Umwelt auf ihn.

Komplettiert wurde der Preisreigen mit einer Auszeichnung für Terry Pratchett, der für seinen "Tiffany Weh"-Roman "I Shall Wear Midnight" ("Das Miternachtskleid"; gerade erst bei Manhattan auf Deutsch erschienen) den Andre Norton Award erhielt. Zuletzt gab es noch Würdigungen für zwei Menschen, die das Genre in ganz unterschiedlicher Weise geprägt haben: Der Coverillustrator Michael Whelan und die 1987 verstorbene Autorin Alice B. Sheldon alias "James Tiptree, Jr.", deren Werke gerade beim österreichischen Septime Verlag neu aufgelegt werden. (Josefson)