Jetzt geht es dem Journalismus im Iran endgültig an den Kragen. Wer in den Medien arbeiten will, wird in Zukunft eine Genehmigung vom Kultur- und Informationsministerium brauchen. Erst nach Erfüllung aller Voraussetzungen bekommt man die Zulassung und kann beschäftigt werden.

Diese Auflagen gibt es zwar auch in anderen undemokratischen Systemen, aber wenn sie im heutigen Iran eingeführt werden, ist das Schlimmste zu erwarten. Die wichtigsten Berufsvoraussetzungen sind die Treue zum System und die Anerkennung der uneingeschränkten Machtbefugnisse des religiösen Führers.

Das Kulturministerium wird der Regierung und dem Parlament demnächst ein entsprechendes Gesetz vorschlagen und hält mit den Absichten, die damit verfolgt werden, nicht einmal hinter dem Berg. Die Neuregelung des Berufs soll dafür sorgen, dass "nicht jeder sich erlaubt, nach seinem Geschmack die Nachrichten zu manipulieren und damit den Feinden der Islamischen Republik Material zur Diffamierung der Errungenschaften der Regierung zur Verfügung zu stellen". Wenn die Schreiber keinen Journalistenausweis mehr haben, können sie leichter als Spione und Hochverräter angeklagt werden. Seit dem Verbot des Iranischen Journalistenbunds haben die Journalisten auch keine Organisation mehr, die ihre Interessen vertritt.

Wenn dieses Gesetz das Parlament passiert, wird im Iran der letzte Rest von unabhängigem Journalismus ausgerottet. Fast alle alten und bekannten Journalisten im Iran müssten ihren Beruf aufgeben, denn bei jedem wird man etwas finden, was die Zulassung verhindert. Kaum ein unabhängiger Journalist wird die Voraussetzungen des Ministeriums erfüllen: Aus früher erschienenen kritischen Beiträgen wird ihnen ein Strick gedreht werden.

Regierungstreu, aber erfolglos 

Das würde auch das Ende der letzten unabhängigen Medien im Iran bedeuten, die trotz allem durchgehalten haben. Allen finanziellen Anreizen zum Trotz waren namhafte Journalisten nicht willens, bei regierungstreuen Zeitungen mitzuarbeiten. Sie halten zum Ärger der Regierung noch immer an ihrem Arbeitsethos fest und haben den Kampf gegen die Missstände noch nicht aufgegeben. Die regierungstreuen Journalisten sind nicht in der Lage, glaubhaft zu berichten und diese Lücke zu füllen - und ihre Produkte stinken gegenüber den unabhängigen jämmerlich ab, wie ein Blick auf die Zeitungskioske zeigt. Dort hängen die zahlreichen regierungstreuen Neuerscheinungen und werden von den Lesern und Leserinnen ignoriert.

In einer Zeit der Repression, in der auch die Führungsschicht bis an den Rande der Regierungsunfähigkeit zerstritten ist, wächst das Interesse an unabhängigen Medien enorm. Die bestehende Lücke wird zum Teil durch ausländische Medien gefüllt. Viele im Ausland erschienene Artikel über den Iran, die von iranischen Journalisten verfasst wurden - auch jene des Standard -, sind in persischer Übersetzung im Internet zu lesen. Sogar die konservative Presse kommt nicht um sie herum, das zwingt wiederum die Regierung zu Stellungnahmen. Ein Beispiel dafür sind die im Ausland erschienenen Berichte über die Differenzen zwischen Präsident Mahmud Ahmadi-Nejad und Religionsführer Ali Khamenei. (N. N. aus Teheran*, DER STANDARD; Printausgabe, 23.5.2011)