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Kapitän Rudolf Edlinger (71) verlässt das Schiff nicht.

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Bei Rapid wurden am Montag Wunden geleckt, das am Vortag abgebrochene Derby aufgearbeitet. Es war die erste Krisensitzung, weitere folgen, eine Bewältigung im Fußball dauert. "Wir brechen nichts übers Knie", sagte Präsident Rudolf Edlinger dem Standard. Man werde in den nächsten Tagen sämtliche Videos studieren, versuchen, die Täter zu identifizieren. "Und viele Stadionverbote verhängen." Zudem werde, so Edlinger, geprüft, "ob wir Regressansprüche stellen können. Man muss sich nicht alles gefallen lassen."

Die Bundesliga befasste sich noch am Montagabend (nach Blattschluss) mit dem Platzsturm, das Spiel wird sicher mit 3:0 für die Austria gewertet. Edlinger rechnet mit einer drakonischen Strafe. "Mehr als ein Abbruch geht ja nicht." Wobei der Imageschaden größer als der finanzielle sei. Edlinger dachte übrigens keine Sekunde an Rücktritt. "Ein Kapitän geht in schwierigen Situation nicht von Bord." Von einem sinkenden Schiff wollte er freilich nicht sprechen. "In den zehn Jahre, die ich im Amt bin, gab es mehrere Krisen. Allerdings wurde diesmal der Fußballplatz zum Kriegsschauplatz."

Personelle Konsequenzen sind nicht vorgesehen, Edlinger schätzt zum Beispiel Andy Marek, den Leiter des Klub-Services, sehr. "Gemeinsam werden wir nachdenken, Veränderungen vornehmen, damit so etwas nie wieder vorkommt." Zu den Denkern zählen auch die Manager Werner Kuhn und Stefan Ebner. Eine Maßnahme betrifft den Abo-Verkauf. Edlinger: "Es ist so, dass manche Leute ihre Abos einfach weitergeben und wir die Leute, die tatsächlich im Stadion sind, nicht kennen. Das wird abgestellt, die Einlasskontrollen werden länger dauern, wir verlangen Lichtbildausweise. " Weshalb es immer noch möglich ist, dass verbotene Feuerwerkskörper eingeschleust und abgefeuert werden, weiß Edlinger "wirklich nicht".

Werner Tomanek ist erstens Anwalt und zweitens Rapid-VIP. Drittens vertritt er den entlassenen Trainer Peter Pacult. Viertens verteidigt er auch Hooligans, es handelt sich dabei meist um Gefährdungsdelikte. "Das ist mein Job, ich vertrete auch Mörder und Drogenhändler, sie bezahlen meinen Zins." Der im Hanappi-Stadion anwesende Tomanek war vom Platzsturm überhaupt nicht überrascht. "Jede halbwegs informierte Privatperson wusste, dass etwas passiert, sollte es für Rapid schlecht laufen." Und es lief schlecht für Rapid, die Austria führte nach 26 Minuten 2:0. Tomanek erhielt in den Tagen davor einige Anrufe. "Leute wollten wissen, ob ich verfügbar bin. Mich haben die plötzliche Empörung und die traurigen Gesichter der Funktionäre irritiert."

Edlinger gesteht maximal eine "leichte Naivität" ein. "Man kann nicht auf jede Zeile in Internetforen reagieren." Zudem habe man die Sicherheitsvorkehrungen ohnedies verstärkt. "250 Ordner, 600 Polizisten, was soll man noch alles tun?" Und dann dürfe man nicht alle Fans über einen Kamm scheren. "Sogar 90 Prozent der Westtribüne sind nicht auf das Feld gelaufen. Aber trotzdem gibt es nichts zu entschuldigen, ich schäme mich." Eine durchaus wahrscheinliche Möglichkeit ist, dass Rapid künftige Heimderbys im großen Ernst-Happel-Stadion austrägt. "Schon die Anfahrt des Busses zum Hanappi-Stadion ist problematisch. Das gilt auch für die Generali-Arena der Austria."

Die Politik hat auf den Abbruch natürlich auch reagiert. Sportminister Norbert Darabos, Rapid-Fan und Augenzeuge, fordert eine "Gesamt-Radikallösung. Das war eine Schande nicht nur für den österreichischen Fußball, sondern für den gesamten Sport. Die Bilder sind um die Welt gegangen." Schlussfolgerung: "Es muss ein rigoroses Verhängen von Stadionverboten für ganz Österreich geben." Zudem sei, so Darabos, eine Initiative auf parlamentarischer Ebene denkbar. "Man könnte solche Ausschreitungen vom Verwaltungs- in das Strafrecht heben. Wenn es strafbar ist, wird sich der eine oder andere überlegen, ob er den Platz stürmt."

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (VP) fordert "Konsequenzen", etwa ein Vermummungsverbot. Edlinger hätte eine weitere Lösung parat. "Rapid sollte wieder gewinnen. Ich meine das nicht zynisch."(Christian Hackl, DER STANDARD Printausgabe 24.05.2011)