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Lebensqualität nicht nur im Wiener Volksgarten.

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Wien/Paris - Im guten Mittelfeld ist Österreich beim sogenannten "Better Life Index" der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) gelandet. Die Studie, welche die Lebenssituation in den 34 Mitgliedstaaten vergleicht, wurde am Dienstag im Rahmen der 50-Jahr-Feier der Organisation in Paris präsentiert. Österreich landete dabei am 14. Platz. Am lebenswertesten ist demnach Australien gefolgt von Kanada.

Bei der Untersuchung werden elf bestimmende Faktoren des Lebens herangezogen und verglichen. Dabei geht es unter anderem um Komponenten wie Arbeitsplätze, Sicherheit, Wohnsituation, Einkommen, Umwelt, Bildung, Gesundheit und Lebenszufriedenheit. "Geld ist nicht alles", so die Studienautoren der OECD. Neben wirtschaftlichen und sozialen Faktoren werden also auch weitere Elemente der Lebensqualität - jenseits der Entwicklung des Bruttosozialprodukts - gemessen und verglichen. Österreich wurde dabei ein gutes Abschneiden im gesamten bescheinigt, punktuell gab es aber in einigen Bereichen Anmerkungen.

So gab es etwa beim Punkt Einkommen den zehnten Platz, wobei die Bürger beim verfügbaren Haushaltseinkommen (2009) mit durchschnittlich 27.670 Dollar (19.736 Euro) um rund 5.000 Dollar mehr als der Durchschnitt der OECD-Länder zur Verfügung haben. Das höchste Einkommen erzielen mit Abstand die Luxemburger vor den US-Amerikanern und den Schweizern.

Bei den Jobs stellte die OECD fest, dass beinahe 72 Prozent der 15- bis 64-jährigen Österreicher einen bezahlten Arbeitsplatz haben. Das bedeutete Platz neun in der OECD. Spitzenreiter war hier Norwegen knapp vor Island und der Schweiz. Mit 1.621 Stunden Arbeitszeit pro Jahr liegen die Österreicher deutlich unter dem OECD-Niveau von 1.739 Stunden.

Bildung

Durchwachsen die Bilanz in der Bildung: Hier fand sich Österreich im unteren Drittel wieder. Zwar bescheinigte die OECD den Bewohnern, dass 81 Prozent der 25- bis 64-Jährigen einen Schulabschluss äquivalent zu einem High-School-Abschluss besitzen und dass diese Rate unter den 25- bis 34-Jährigen mit 88 Prozent noch besser ist sowie dass beide Zahlen über dem OECD-Durchschnitt liegen. Aber die Organisation wies auch auf das schwache Abschneiden bei den Pisa-Tests hin: Der durchschnittliche Schüler habe 470 von 600 möglichen Punkten bei der Leseüberprüfung erreicht, weniger als der OECD-Durchschnitt von 493. Und das sei ein besserer Indikator für wirtschaftliches und soziales Wohlbefinden als die Zahl der in der Schule verbrachten Jahre. Finnland vor Südkorea und Kanada lautete hier das Ranking auf den ersten drei Plätzen.

Wenig Ermutigendes brachte auch das Kapitel Umwelt: Auch hier landete Österreich im unteren Drittel. Vor allem die Feinstaubbelastung kritisierte die OECD: Mit 29 Mikrogramm Partikel pro Kubikmeter liege man deutlich über dem Durchschnitt von 22 Mikrogramm pro Kubikmeter. Außerdem wies die Organisation auf die hohe Zahl außergewöhnlich warmer Jahre in den Alpen hin. Österreich sei vom Klimawandel wegen des Tourismus vor allem im Winter besonders abhängig. Die Schneesicherheit nehme wegen des Klimawandels substanziell ab. Hinsichtlich der Umwelt sind dem Index zufolge Schweden vor Neuseeland und Irland am lebenswertesten.

Am neunten Platz landete Österreich bei der Bewertung der Regierungsgewalt. Klar vorne war hier Australien vor Schweden und den USA. Im Mittelfeld lag man beim Kapitel Gesundheit: Mit einer Lebenserwartung von 80,5 Jahren liegt Österreich deutlich über dem OECD Schnitt von 79 Jahren, auch bei den Investitionen (10,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts) in das Gesundheitswesen lag man um 1,5 Prozentpunkte über dem OECD-Durchschnitt. 2008 gab Österreich übrigens 3.970 Dollar (2.832 Euro) pro Bürger für die Gesundheit aus. Am besten schnitt im Gesundheitsbereich die Schweiz ab, danach folgten Australien und Kanada.

Am fünften Platz landete Österreich beim Thema Sicherheit. Die Mordrate liegt bei 0,5, das bedeutet, dass pro 200.000 Einwohner ein Mord begangen wird. Das sei eine der niedrigsten Raten in der OECD. In Österreich fühlen sich 19 Prozent auf der Straße nach Einbruch der Dunkelheit unsicher, OECD-weit sind es 26 Prozent. Besser als Österreich beim Sicherheitsthema waren Japan, Island, Kanada und Australien.

Jeder zweite Österreicher - genau 54 Prozent - wohnt in einem Haus oder einer Wohnung, die ihm auch gehört. Das ist deutlich niedriger als der OECD-Schnitt, wo zwei Drittel Haus- oder Wohnungseigentümer sind. 1,3 Prozent der Wohnräumlichkeiten in Österreich sind übrigens Substandard-Unterkünfte, sie haben also keinen privaten Zugang zu Toiletten mit Fließwasser.

Die Österreicher liegen bei der Lebenszufriedenheit am elften Platz. Am zufriedensten sind die Dänen vor den Kanadiern und den Norwegern.

Der Lebensqualitäts-Index wertet jedes der elf Elemente gleich. Der Index kann aber auch "personalisiert" werden und die persönlich wichtigen Elemente stärker berücksichtigen. Die Reihenfolge der Staaten verändert sich, wenn man entscheidet, dass einem eines oder mehrere der Elemente besonders wichtig sind. Die Gewichtung der einzelnen Faktoren kann also individuell verändert werden - demnach verändert sich auch das Ranking. Werden also die Bereiche stärker gewertet, in denen Österreich über dem Durchschnitt der OECD-Länder liegt, so steigt Österreich dementsprechend im Ranking auf.

Schieder zufrieden

Mit dem heute erstmals präsentierten Gradmesser für Lebensqualität jenseits des Wirtschaftswachstums, dem "Better Life Index", will die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) eine Wende hin zu einer menschlicheren und differenzierteren Betrachtung von Fortschritt und Wachstum in Wirtschaft und Gesellschaft einleiten. Für Finanzstaatssekretär Andreas Schieder (SPÖ), der Österreich bei den 50-Jahr-Feierlichkeiten der Organisation in Paris vertritt, ist dies der richtige Weg. Das Wirtschaftswachstum, gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP), bilde eben nicht alles ab. "Es geht auch um die Qualität des Wachstums", erläuterte Schieder am Dienstag im Gespräch mit der APA in Paris.

Die OECD misst mit dem neuen Lebensqualitäts-Index elf Kriterien in ihren 34 Mitgliedsländern. Neben traditionellen "harten" wirtschaftlichen Fakten wie Arbeitsmarkt- und Einkommenssituation fließen auch Daten aus den Bereichen Gesundheit, Wohnen, Bildung und Lebenszufriedenheit, sogenannte "soft facts" ein. Österreich wird insgesamt am 14. von 34 Plätzen eingestuft.

Grundsätzlich sei der Index ein gutes Instrument zur Analyse, allerdings sollten einige Dinge anders betrachtet werden, meint Schieder. So werde etwa bei Österreich im Umwelt-Kapitel nicht der hohe Anteil an Erneuerbarer Energie und der Verzicht auf Atomkraft berücksichtigt. Stattdessen schlägt sich die Feinstaubbelastung in Österreich negativ im Index nieder. Die gute Umweltsituation in Österreich sei in die Studie nicht ausreichend eingeflossen, gibt der Staatssekretär zu bedenken. Laut dem OECD-Index schneiden die USA im Umweltbereich besser ab als Österreich, da im Umweltkapitel nur die Luftqualität bzw. Feinstaubkonzentration gemessen wurde.

Die OECD will den Lebensqualitäts-Index nun regelmäßig erstellen. In die Messung floss etwa der Anteil der Menschen, die regelmäßig mehr als 50 Stunden pro Woche arbeiten, ein. Während viel Arbeit für Einzelne durchaus ihre Lebensqualität erhöhen kann, bringe sie im allgemeinen mehr Belastung und weniger Zeit für private Aktivitäten mit sich, hieß es bei der Präsentation der Studie. Statt der traditionellen ökonomischen Analyse, wonach viel Arbeit den Wohlstand vermehre, werden viele Überstunden nun also als Verringerung der Lebensqualität gewertet. Weiters wurde auch der Anteil von berufstätigen Frauen mit Kindern gemessen - was ein Zeichen sei, dass in einer Gesellschaft Berufstätigkeit und Mutterschaft verbunden werden können und sich insbesondere gut ausgebildete Frauen nicht für das eine oder das andere entscheiden müssten.  (APA)