Nach der "Entzifferung" des menschlichen Genoms im Jahr 2000 hat das Wissenschaftsministerium ein vergleichsweise hoch dotiertes Förderprogramm zur Erforschung von Genen und Proteinen aufgesetzt und es von vornherein auf zehn Jahre begrenzt: GEN-AU, so das Kürzel des Programms, läuft noch bis 2012, insgesamt standen 100 Millionen Euro zur Verfügung. Für Wissenschafter wie Giulio Superti-Furga, wissenschaftlicher Direktor des Forschungszentrums für Molekulare Medizin (CeMM) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, war das ein "Programm mit großem strategischen Stellenwert, weil viel Forschungsinfrastruktur damit aufgebaut werden konnte." Oder mit anderen Worten: "Der Wissenschaftsfonds FWF schafft die Basis, die grüne Wiese, GEN-AU ermöglichte uns die Züchtung von Sträuchern und Bäumen." Nicht nur Superti-Furga, auch andere renommierte Wissenschafter konnten ihre Forschungsarbeiten damit finanzieren. Josef Penninger, Direktor des Instituts für Molekulare Biotechnologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, der Epigenetiker Thomas Jenuwein, die Wissenschaftsforscherin Ulrike Felt und der Sozialwissenschafter Herbert Gottweis sind darunter.

Fortsetzung gefordert

Im letzten Jahr des von der Forschungsförderungsgesellschaft FFG abgewickelten GEN-AU-Programms mehren sich die Stimmen, die eine Fortsetzung fordern. Gottweis sagt: "Es ist in diesen zehn Jahren viel gelungen. Man sollte aber jetzt nicht damit aufhören, sondern die Infrastruktur weiter aufbauen - und die Forschung in diesem Bereich weiter fördern." Man habe zwar gewusst, dass nach zehn Jahren Schluss sei, aber aufgrund der Forschungserfolge doch auf eine Verlängerung oder ein entsprechendes Nachfolgeprogramm gehofft. Superti-Furga befürchtet sogar, dass Österreich "ohne ein ähnliches Programm für die Genomforschung in der Infrastruktur zurückfallen wird". Das Wissenschaftsministerium sagt dazu: "GEN-AU war von Beginn an mit einer Gesamtprogrammlaufzeit von zehn Jahren konzipiert und hatte zum Ziel, die Life-Sciences auf- und auszubauen, was gelungen ist." Es sei keine Fortsetzung geplant. Es gebe andere Instrumente, "wo angedockt werden kann": die Programme des Wissenschaftsfonds FWF, der FFG und der EU.

Über 40 Patente und Patentanmeldungen sowie rund 400 Publikationen sind das bisherige Ergebnis von GEN-AU. Die Programmverantwortlichen heben auch den Frauenanteil in den Projekten (40 Prozent) hervor. Dazu gibt es eine GEN-AU-Summer-School, die bisher von 600 Jugendlichen besucht wurde.

Trotz aller Erfolgszahlen wagt Gottweis einen Vergleich mit der Situation in Holland: Die Netherlands Genomics Initiative habe zwischen 2003 und 2013 etwa eine Milliarde Euro zur Verfügung, 580 Millionen von der Regierung, der Rest kam von Industriepartnern und den Universitäten. Das ist insgesamt zehnmal mehr als bei GEN-AU. (pi, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 25. Mai 2011)