Bild nicht mehr verfügbar.

Aserbeidschan an der Spitze der Eurovisions-Charts. - Aber hat Österreich nicht gegen Aserbeidschan gewonnen?

Foto: Reuters

Industrie - und Bankenvertreter beklagen: Österreich fällt zurück. Die Beweise: Der "World Competitiveness Report" des Lausanner Instituts für Management-Entwicklung, der "Global Competitiveness Report" des World Economic Forum sowie eine Umfrage der dänischen Industriellenvereinigung.

Skepsis ist allein schon wegen der Auftraggeber angebracht, immerhin war das World Economic Forum, bekannt auch für seine Treffen in Davos, lange Zeit Vorreiter der Liberalisierungs- und Deregulierungspolitik, deren Folgen für die Praktiken der Finanzmärkte die Weltwirtschaft in die größte Krise seit den 1930er Jahren geführt hat.

Zugleich sind erhebliche Zweifel an der Aussagekraft an Wettbewerbs-Rankings angebracht. Der "Global Competitiveness Report" des WEF beruht primär auf der Befragung von Managern - in Österreich waren es 85 - und deren privater Meinung. Der IMD-Index beruht zumindest zu einem Drittel auf der Befragung von Managern, im Schnitt waren es 80, wobei die Zahl in Österreich darunter liegen dürfte.

Schon diese Methode wirft Fragen auf: Angenommen, Sie fragen einen Manager in Österreich und in Rumänien, wie schlimm sie jeweils die Bürokratie auf einer Skala von 1 bis 10 bewerten, und beide vergeben die Note 9. Dann brauchen sie wohl schon ein gerüttelt Maß an Glauben an die absolute Weisheit von Managern, um zu glauben dass damit der selbe Zustand der Bürokratie gemeint ist.

Wenig überraschend daher einige skurrile Ergebnisse von Rankings. So ergibt etwa der WEF-Report, dass Österreich bei der Frage nach dem Ausmaß der Freunderlwirtschaft zwischen Firmen und Politik hinter Tunesien liegt, während die Verwaltungsbelastung in Österreich höher ist als in Albanien. Dass Österreich bei der Belastung der Wirtschaft durch Terrorismus im weltweiten Vergleich auf Platz 7 liegt, erstaunt noch nicht unbedingt - sehr wohl aber, dass Österreich demnach gleichauf mit Syrien liegt. Zwar ist nachvollziehbar, dass Österreich, was die Erreichbarkeit von Hafeninfrastrukturen betrifft, nicht an Malta heranreicht - dass dies auch für die Flughäfen gilt, schmerzt allerdings.

Problematisch sind aber nicht nur die subjektiven Fragestellungen. Es ist schlichtweg naiv zu glauben, man könne die Komplexität einer Volkswirtschaft und die Qualität des Wirtschaftsstandorts in einer Zahl abbilden und in einem Ranking bewerten. Wissenschaftliche Untersuchungen über die Qualität solcher Rankings kommen zu dem Schluss, dass ihr Wert praktisch gegen Null tendiert, wenn es darum geht, künftiges Wachstum vorauszusagen.

Dass Industrie- und Bankmanager ihre Interessen vertreten, gehört zu ihrem Job. Die Argumente aber, die sie zur Untermauerung ihrer Position heranziehen, sind, vorsichtig formuliert, diskussionswürdig. Denn damit begeben sich wesentliche Interessenvertreter der Österreichischen Industrie auf das Niveau der Ranglisten- und Casting-Ökonomie.

Wir sollten uns nicht daran beteiligen. Andernfalls bedienen wir eine Argumentationslogik, derzufolge Österreich ja eigentlich eh gewonnen hat beim Song Contest. Denn Aserbaidschan wurde erster und wir haben schließlich 3:0 gegen Aserbeidschan gewonnen. Das bestätigt auch eine Umfrage unter den führenden Musikexperten in meinem Büro. (Kommentar der anderen, Josef Zuckerstätter, DER STANDARD, Printausgabe, 25.5.2011)