Innsbruck - Mit der Befragung des ehemaligen OGH-Präsidenten Johann Rzeszut haben am Donnerstag am Landesgericht Innsbruck die Zeugeneinvernahmen im Ermittlungsverfahren gegen fünf Staatsanwälte im Fall Natascha Kampusch wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs begonnen. Rzeszut wollte am Rande der Einvernahme keine inhaltliche Stellungnahme abgeben, sondern erklärte in einer Vernehmungspause gegenüber der APA, dass er seinem Schreiben an das Parlament "nichts hinzuzufügen" habe.

Weitere Einvernahmen waren für übernächste Woche geplant. Neben Rzeszut ist auch der frühere Präsident des österreichischen Verfassungsgerichtshofs (VfGH), Ludwig Adamovich, geladen.

Es soll geklärt werden, ob es im Fall Kampusch zu schuldhaften Pflichtverletzungen durch Staatsanwälte gekommen ist. Um den bloßen Anschein einer Voreingenommenheit der Staatsanwaltschaft Innsbruck zu vermeiden, wurde das Ermittlungsverfahren auf eine gerichtliche Basis gestellt. Die Vernehmungen sollen von einem unabhängigen Haft- und Rechtsschutzrichter durchgeführt werden.

Über Neuermittlungen muss Wiener Staatsanwaltschaft entscheiden

Aufgabe der Staatsanwaltschaft Innsbruck sei es nicht, das Kampusch-Verfahren neu aufzurollen, hatte Hansjörg Mayr, der Sprecher der Staatsanwaltschaft Innsbruck, im Vorfeld erklärt. Ob das Verfahren am Ende Auswirkungen auf eine allfällige Wiederaufnahme der Ermittlungen im Entführungsfall selbst haben könnte, liege nicht im Zuständigkeitsbereich der Innsbrucker Anklagebehörde, betonte Mayr, sondern wiederum bei der Staatsanwaltschaft Wien und der ihr vorgesetzten Behörden.

Am 2. März 1998 wurde Natascha Kampusch auf ihrem Schulweg in Wien von Wolfgang Priklopil entführt. Rund achteinhalb Jahre wurde sie im Keller des Mannes in einem Haus im niederösterreichischen Strasshof gefangen gehalten, bevor sie als junge Frau in einem unbeobachteten Moment flüchten konnte. Ihr Verschwinden zählt zu den spektakulärsten Fällen der Kriminalgeschichte in Europa. Über kaum einen anderen Kriminalfall gibt es so viele Gerüchte. So wird nach wie vor darüber spekuliert, ob Priklopil tatsächlich ein Einzeltäter war, wie alle bisherigen Ermittlungen ergeben haben, und ob Kinderpornografie eine Rolle spielte. (APA)