Der Haussegen in der Mediaprint hängt nun auch auf der publizistischen Front ziemlich schief. In der Donnerstag-Ausgabe der "Kronen Zeitung" attackiert der "Krone"-Innenpolitiker Peter Gnam an prominenter Stelle das Mediaprint-Schwesternblatt "Kurier" und bezichtigt es der "EU-Speichelleckerei". "Kurier"-Chefredakteur Helmut Brandstätter streifte darob im Gespräch mit der APA ebenfalls die Samthandschuhe ab: "Da dreht jemand mit beschränktem Vokabular halt durch, vielleicht, weil der 'Krone' die Leser davonlaufen", meinte er.
Branchenbeobachter staunen über den Ton, mit dem sich die beiden Zeitungen, die in einem gemeinsamen Konzern für Druck, Anzeigen und Vertrieb, eben der Mediaprint sowie auf Eigentümerseite (jeweils die Hälfte gehört der deutschen WAZ-Gruppe) verbunden sind, öffentlich ohrfeigen. Gnam schreibt etwa: "Seltsame Vorgänge bei dem seit Jahren unter dramatischem Leserschwund leidenden 'Kurier'", den er als "Raiffeisen-Blatt" bezeichnet. Hintergrund: Während die "Krone" genau 50:50 zwischen Familie Dichand und WAZ aufgeteilt ist, hat beim "Kurier" der Miteigentümer Raiffeisen eine knappe Mehrheit inne.
Der von Gnam solcherart attackierte "Kurier" verfasste aus seiner Sicht "ausgerechnet in Griechenland- und Euro-Krisenzeiten eine peinliche Lobhudelei auf die EU und wie dankbar die Österreicher sein müssten, dass sie bei der EU samt ihren Pleitestaaten dabei sein dürfen", wie er schreibt. Zu guter Letzt nimmt Gnam auch noch Bezug auf angebliche Inserate der Wirtschaftskammer im "Kurier". Dies war vor Wochen schon von "Heute"-Herausgeberin Eva Dichand lanciert worden, was einen Schlagabtausch mit Brandstätter zur Folge hatte.
"Wer ist Herr Gnam?"
Der "Kurier"-Chefredakteur kontert wenig zimperlich: "Wer ist Herr Gnam? Gibt es den überhaupt? Er hat sich bei mir nie vorgestellt." Und: "Er hat, wenn es ihn gibt, vielleicht ein Problem mit mir wegen einer lang zurückliegenden Geschichte."
Dem über die Zeitungen ausgetragenen Streit der beiden Partner war ein kaufmännischer Disput vorausgegangen. Während der "Kurier" eine geplante Preiserhöhung durchführte, die von den drei Mediaprint- beziehungsweise den zwei "Krone"-Partnern einhellig beschlossen wurde, stemmte sich "Krone"-Herausgeber Christoph Dichand gegen eine Verteuerung der "Krone". Er erwirkte gegen den von WAZ und Raiffeisen getragenen Beschluss eine gerichtliche Verfügung. Nun muss neuerlich ein Schiedsgericht über den konzerninternen Preiskampf entscheiden. (APA)