Der "arabische Frühling" ist ein Hauptthema auch auf dem 17. Treffen von rund 20 Staatspräsidenten aus Mittel- und Südosteuropa, das am heutigen Freitag in Warschau beginnt. Der wichtigste Gast trifft allerdings erst am Abend ein: US-Präsident Barack Obama reist direkt vom G8-Gipfel aus Frankreich nach Polen.

Die Erwartungen der europäischen Staatsoberhäupter, unter ihnen Bundespräsident Heinz Fischer, an Obama sind groß. Die "Reset" -Politik gegenüber Russland, mit der Obama zu Beginn seiner Amtszeit den grundlegenden Wandel der US-Außenpolitik angekündigt hatte, wurde in Mittel- und Osteuropa mit gemischten Gefühlen aufgenommen. Auch die sofortige Anerkennung des Kosovo, der einseitig seine Unabhängigkeit ausgerufen hatte, war nicht überall in Europa auf Zustimmung gestoßen. Obama soll nun erklären, wie er sich das künftige Verhältnis USA-Europa vorstellt.

Die Kosovo-Frage belastet sogar den Warschauer-Gipfel, boykottieren ihn doch zwei Präsidenten - Traian Basescu aus Rumänien und Boris Tadić aus Serbien. Der Grund für beide ist, dass auch die kosovarische Präsidentin Atifete Jahjaga zum Gipfel eingeladen wurde, aber weder Rumänien noch Serbien den Kosovo als Staat anerkennen. Der slowakische Präsident Ivan Gašparoviè, der den Gipfel zunächst auch boykottieren wollte, lenkte später ein. Das Problem für Rumänien, die Slowakei oder auch Spanien ist, dass sie einen Präzedenzfall fürchten, haben doch auch sie in ihren Staatsgrenzen starke Minderheiten, die nach mehr Unabhängigkeit streben und sich den Kosovo zum Vorbild nehmen könnten. Die USA gelten als Mentor des unabhängigen Kosovo.

Für Gastgeber Polen stehen ganz andere Fragen obenan. Obama kommt zum ersten Mal nach Warschau. Von seinen Vorgängern, den Präsidenten George W. Bush, Bill Clinton und George Bush sen. war Polen stets äußerst zuvorkommend behandelt worden, mit viel Pathos und der Versicherung, der "beste Freund der USA" zu sein oder doch zumindest einer der besten und treuesten. Obama hingegen ließ Polen zunächst einmal eine kalte Dusche angedeihen, als er die Pläne seines Vorgängers Bush für einen Raketenschutzschirm über Bord warf. Polen und Tschechien hatten gehofft, als europäische Stützpunkte für das Abwehrsystem unter den besonderen Schutz der Amerikaner zu fallen. Polen bemühte sich insbesondere in der Regierungszeit der nationalkonservativen Kaczyñski-Brüder um die Ansiedlung von US-Militärbasen. Polnische Politiker erklärten damals ganz offen, sich "in der Nato nicht sicher genug" zu fühlen. Obama, der schon während seines Wahlkampfes Zweifel gegenüber dem Raketenabwehrsystem geäußert hatte, drückte nach seinem Sieg auf den Reset-Knopf gegenüber Russland. In Polen war die Enttäuschung groß.

Nun soll aber - dies schreiben zumindest polnische Medien - die amerikanische F16-Kampfjet-Division von Aviano in Italien nach Lask in Polen verlegt werden. Obama könnte dies am Samstag in Warschau bekannt geben. Aus polnischer Sicht wäre damit das alte Freundschaftsverhältnis zwischen den USA und Polen wiederhergestellt. (Gabriele Lesser aus Warschau/ DER STANDARD, Printausgabe, 27.5.2011)