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Die meisten Raucher wollen ihren Konsum reduzieren.

Foto: APA/Herbert Pfarrhofer

2,3 Millionen Österreicher und Österreicherinnen rauchen. Der Gedanke "Wenn ich doch nur aufhören könnte" bewegt gut die Hälfte von ihnen. Oder wie es im Fachjargon heißt: Sie möchten ihr Rauchverhalten ändern. Was das konkret bedeutet, erläutert Sozialmediziner Ernest Groman vom Wiener Nikotininstitut: "Ein Drittel ist mit dem Rauchen unzufrieden, zwei Drittel wollen ihren Konsum reduzieren, aber nicht aufhören."

Einen reduktionswilligen Raucher "so weit zu bekommen, dass er einen ernsthaften Versuch unternimmt", sei das Wichtigste, sagt Groman. Schaffe es ein Raucher, seinen Zigarettenkonsum zu reduzieren, stelle sich ein Erfolgserlebnis ein, das wiederum motiviere zu weiterer Reduktion bis hin zum Rauchstopp.

Bei einem starken Raucher sei eine Reduktion auf zehn bis zwölf Zigaretten pro Tag ein Erfolg. Groman: "Die Leute stehen sich oft selbst im Weg." Die Angst, nie mehr im Leben eine Zigarette rauchen zu können, wiege für einen, der 40 Zigaretten am Tag raucht, schwerer als der Gedanke ans Aufhören. Zwei bis drei Selbstversuche hätten Raucher hinter sich, bevor sie professionelle Hilfe suchen. Von einem Tag auf den anderen höre keiner auf zu rauchen, verweist Groman Geschichten vom wundersamen Ausstieg ins Reich der Fabeln: "Jeder, der aufhört, hat sich schon längere Zeit mit dem Gedanken herumgeschlagen, vielleicht auch schon erfolglos probiert. Er erzählt halt dann, dass er plötzlich aufgehört hat, weil das die bessere Geschichte ist." Die Angst vor dem plötzlichen Entzug könne man den Abhängigen nehmen, indem man sie dabei unterstütze, schrittweise auszusteigen: "Zuerst ein paar Tage, dann ein paar Wochen, dann länger." Dennoch müsse man wissen, dass jede Zigarette schade.

Ersatznikotin

Wer sich von der Zigarette befreien möchte, ist mit einer Vielzahl an Therapieangeboten konfrontiert. Neben psychotherapeutischen Methoden, Hypnose, Akupunktur und etlichen Wundermitteln bieten auch die Pharmafirmen ihre Helfer an. Ihre Nikotinersatzprodukte, die auf dem Wirkstoff Nikotin basieren, können den Abschied erleichtern, weil sie Entzugserscheinungen mildern.

Bei der Nicotine Replacement Therapy (NRT) gelangt Nikotin über die Haut, Schleimhäute und Atemwege in den Körper und löst aus, was man von der Zigarette gewöhnt ist: Glücksgefühle, Konzentrationsstärke, Entspannung. Nur alles ein bisschen langsamer. Groman: "Die Zigarette wirkt in zehn Sekunden, die Präparate brauchen zehn Minuten und länger."

Ersatznikotin kann man sich aus Depotpflastern, Sprays, Kaugummis, Tabletten oder Inhalatoren holen. Bei all diesen Produkten ist es wichtig, sich den Gebrauch vom Arzt oder in der Apotheke erklären zu lassen. Groman: "Wie wild auf dem Kaugummi herumzukauen, damit man gleich die Wirkung spürt, bringt gar nichts. Man muss langsam kauen, damit das Nikotin über die Schleimhäute aufgenommen wird."

Die Sublingualtabletten schiebt man sich bei jedem Gusto auf eine Zigarette unter die Zunge. In der ersten Phase bis zu 30 Stück am Tag, stufenweise wird dann reduziert.

Der Inhalator soll die psychischen Entzugserscheinungen jener mindern, "die etwas in der Hand haben müssen" oder, wie es in der Fachsprache heißt, "das Hand-zu-Mund-Ritual vermissen". Je nach Abhängigkeit pafft man täglich bis zu zwölf Inhalatorfüllungen. Der Inhalator wird wie eine Pfeife verwendet, für Lungenzüge ist er nicht geeignet.

Nebenwirkungsfrei sind die Mittel nicht, wer an chronischen Erkrankungen leidet, sollte sich mit seinem Arzt beraten.

Einmal jährlich versuchen Produzenten und Apotheken, den Absatz von Nikotin-Kaugummi und Co durch Raucherberatungswochen anzukurbeln. Dann werde Ersatznikotin zu reduzierten Preisen angeboten - je nach Jahreszeit mit wechselndem Erfolg. "Deutlich mehr Nachfrage haben wir, wenn wir diese Wochen zu Jahresbeginn veranstalten. Da sind die Leute durch gute Vorsätze mo- tiviert", sagt Jutta Pint von der Apothekerkammer. Umsatzzahlen kann sie keine nennen, die würden nicht erfasst, da Nikotinersatzprodukte nicht rezeptpflichtig seien. Auch von den Produzenten sind kei-ne Zahlen erhältlich. In Deutschland ist man weniger geheimnisvoll. 2010 lag der Umsatz bei rund 41 Millionen Euro, ein Prozent über dem Vorjahr, so die Marktforscher von Inside Health.

Wenig Erfolg ist bislang den rezeptpflichtigen Entwöhnungspillen beschieden. Champix oder Chantix, bei ihrer Markteinführung als Wunderpillen angepriesen, sind mittlerweile wegen ihrer starken Nebenwirkungen, die sogar bis zu Suizidgedanken reichen können, in Verruf geraten. Zyban, ein Antidepressivum, das entwöhnende Wirkung hat, kann zu Übelkeit führen. (Jutta Berger, DER STANDARD Printausgabe, 30.05.2011)