Peking - Die Innere Mongolei kommt nicht zur Ruhe: Nach teils tödlichen Streitigkeiten über die chinesische Kohleförderung in dem weiten Grasland in Nordchina demonstrierten am Freitag erneut hunderte Mongolen vor den lokalen Behörden in Zhenglanqi, wie das in den USA ansässige südmongolische Menschenrechtszentrum (SMHRIC) berichtete. Seit dem gewaltsamen Tod von zwei Mongolen Mitte Mai brechen an verschiedenen Orten der Region von Xilinhot immer wieder solche Proteste aus. Bewohner dementierten am Freitag allerdings Berichte über die angebliche Verhängung des Kriegsrechts.

"Es gibt keinen Ausnahmezustand, aber es sind viele Polizisten auf den Straßen, die Ausweise kontrollieren", sagte eine Hotelangestellte in Zhenglanqi telefonisch der Nachrichtenagentur dpa in Peking. Die Behörden wollten sich nicht äußern. "Ich weiß nichts", sagte ein Sprecher auf Anfrage. "Wir haben zu tun." Unklar war, wie viele Verletzte und Festnahmen es bei Zusammenstößen zwischen protestierenden Mongolen und der Polizei schon gegeben hat.

"Verteidigt die Rechte der Mongolen"

Mit den Protesten der Mongolen ist nach dem Aufstand der Tibeter 2008 und der muslimischen Uiguren 2009 im nordwestlichen Xinjiang ein weiterer, lange schwelender ethnischer Konflikt offen ausgebrochen. Mongolische Kritiker werfen den Chinesen die Plünderung ihrer Bodenschätze, die Zerstörung des Graslandes und Umweltverschmutzung vor. Demonstranten trugen Spruchbänder mit der Aufschrift "Verteidigt die Rechte der Mongolen" und "Verteidigt das Heimatland".

Besonders die Konvois von chinesischen Kohlelastern, die aus Mangel an Straßen quer über das Grasland fahren und Weiden zerstören, hatten Empörung unter Hirten ausgelöst. Zu den Problemen gehören auch sinkende Grundwasserspiegel durch den Bergbau. Das Menschenrechtszentrum SMHRIC forderte Chinas Behörden auf, "das Recht der Hirten auf ihr Land und auf Wahrung ihrer traditionellen Lebensweise zu respektieren".

Mongolische Studenten hätten am Freitag an dem Protest in Zhenglanqi teilnehmen wollen, seien aber daran gehindert worden, berichtete das SMHRIC-Zentrum aus New York. Nachdem diese Woche schon einige tausend Studenten auf die Straßen gegangen waren, hätten Sicherheitskräfte Lehreinrichtungen abgeriegelt. Ein Mitarbeiter eines Teehauses in Xiwuqi berichtete, Mitte der Woche hätten in der Stadt hunderte Studenten demonstriert. "Jetzt ist wieder Normalität eingekehrt", sagte der Mann telefonisch der dpa. "Die Polizei hat es unter Kontrolle gebracht."

Das Menschenrechtszentrum berichtete unter Berufung auf Informationen in sozialen Netzen und andere Quellen, dass am Donnerstag ein Polizeiwagen in eine Protestgruppe gefahren sei und vier mongolische Studentinnen schwer verletzt habe. Das Fahrzeug sei einer Studentin über die Beine gefahren. Zehn weitere Studenten seien bei Zusammenstößen mit der Polizei verletzt worden. Um die Unruhen einzudämmen, hätten die Behörden auch die Kontrolle von sozialen Netzwerken, Kurznachrichten und Email-Verkehr verschärft.

Die Innere Mongolei ist 2009 zum größten Kohleproduzenten Chinas aufgestiegen. Die Mongolen beobachten einen weiteren Zustrom ethnischen Chinesen mit Sorge und fürchten um ihren traditionellen Lebensstil. Die meisten der vier Millionen Mongolen in China leben in der Inneren Mongolei, wo sie aber nur noch ein Fünftel der gut 20 Millionen Einwohner ausmachen. (APA)