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Wegen der guten Wirtschaftslage sprudeln die Steuereinnahmen wieder. Der Budgetexperte Gerhard Lehner geht davon aus, dass sie am Ende des Jahres um 800 Millionen Euro über Plan liegen werden.

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Wien - Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) ist ihrem Ziel einer Steuerentlastung ein kleines Stück nähergerückt. Ein über den Erwartungen liegendes Steueraufkommen in den ersten vier Monaten 2011 dürfte das Defizit heuer und wohl auch in den kommenden Jahren unter die Planwerte drücken. Im ersten Trimester sind die Einnahmen um sieben Prozent gestiegen, im Voranschlag für das Gesamtjahr wurde ein Plus von fünf Prozent unterstellt.

Vor allem die Körperschaftsteuer läuft wegen der guten Gewinnsituation der Unternehmen besser als erwartet. Budgetexperte Gerhard Lehner rechnet allein bei diesem Posten mit einem Mehraufkommen von 400 Millionen Euro im Gesamtjahr. 

Ausreißer Tabaksteuer

Der hohe Zuwachs bei der Lohnsteuer ist zwar statistisch etwas verzerrt, da im Vorjahr große Eingänge erst im Mai verbucht werden konnten, doch über den Planwerten liegt sie allemal. Dazu kommen noch einige positive Abweichungen wie beispielsweise bei der motorbezogenen Versicherungssteuer. Einen statistischen Ausrutscher nach unten gibt es hingegen bei der Tabaksteuer, wobei hier im Mai ebenfalls eine Glättung erfolgen sollte.

Unter dem Strich erwartet Lehner um 700 bis 800 Millionen höhere Einnahmen als budgetiert. Im Finanzministerium will man keine Euphorie aufkommen lassen. Der Budgetfahrplan sei "gut abgesichert", meint Sprecher Harald Waiglein.

Konjunktur zieht an

Klar ist jedenfalls, dass die Konjunktur weit besser läuft als zum Zeitpunkt der Budgeterstellung angenommen. Zuletzt hat die OECD die Wachstumsprognose auf 2,9 Prozent angehoben. Lehner rechnet nun damit, dass auch die Ausgabenseite gut läuft, weil die positive Beschäftigungslage die Pensionsversicherung entlastet und den Bundeszuschuss reduziert. Statt des geplanten Defizits von 3,9 Prozent könnte Fekter heuer bei einem Abgang von 3,5 Prozent zu liegen kommen, erläutert Lehner.

Mit Argusaugen beobachtet wird die gute Entwicklung der Steuereinnahmen in roten Gewerkschaftskreisen. Wünsche für die nächste Steuerreform gibt es - Stichwort Vermögens- und Erbschaftssteuern - bereits, auf einen Zeitpunkt hat man sich aber noch nicht geeinigt. Eine Festlegung auf das Jahr 2013 könnte aber noch heuer folgen, ist zu hören, was die SPÖ-Regierungsmannschaft wiederum unter einen gewissen Zugzwang bringen würde.

Dort will man derzeit jedenfalls noch überhaupt nicht von Entlastung reden, im Gegenteil: "Wir haben noch lange keinen Spielraum für große Geschenke", sagt Finanzstaatssekretär Andreas Schieder zum STANDARD. "Die Stabilität der Finanzen ist unsere vorrangige Aufgabe." 

Fekter will Vereinfachungen

Wobei auch immer die Frage ist, was man unter Entlastung versteht. Für eine Strukturreform des Steuersystems plädiert Schieder nämlich sehr wohl. Also Faktor Arbeit entlasten, dafür Kapital belasten. Unterm Strich wäre das aber nach SP-Plänen aufkommensneutral. Wann man offiziell die Diskussion darüber startet, will Schieder erst mit der ÖVP besprechen. Die nächste Gelegenheit böte sich bereits kommenden Montag bei einer Regierungsklausur am Semmering.

Gegen Strukturreformen hätte nämlich auch Fekter nichts, allerdings meint sie damit etwas anderes. Höhere Steuern auf Kapital lehnt sie entschieden ab. Ansonsten blieb die Ministerin bisher ähnlich vage wie die SPÖ. Die nächste Reform solle Vereinfachungen bringen, Familien müssten profitieren. Der Zeitpunkt für das Inkrafttreten blieb offen. Wahrscheinlich komme sie erst nach der Wahl 2013, lieber wäre Fekter schon davor. (Andreas Schnauder und Günther Oswald, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28./29.5.2011)