Adele Neuhauser in ihrem Wohn- und Arbeitszimmer, wo sie auch ihre Rollen lernt. Nachbar hat sich darüber bisher noch keiner beschwert.

Foto: Lisi Specht

Die Schauspielerin Adele Neuhauser wohnt in der Wiener Josefstadt und wundert sich über so manche Wohnung, in der sie dreht. Michael Hausenblas besuchte sie.

"Ich bin 2005, nach fast dreißig Jahren in Deutschland, wieder nach Wien zurückgekommen. Die erste Zeit habe ich bei meinem Bruder im 2. Bezirk gewohnt. Ich war mir nicht ganz sicher, ob ich in Wien bleiben würde. Dabei wusste ich eh, dass ich hier hängenbleibe, und so bin ich in diesem Biedermeierhaus in der Josefstadt gelandet. Ich hatte Glück. Zuerst hab ich versucht, übers Internet zu einer Wohnung zu kommen, aber wie so oft in Sachen Wohnungssuche funktioniert es dann halt doch über Freunde, die irgendwen kennen, die irgendwen kennen und so weiter.

Die Wohnung ist gemietet, misst 82 Quadratmeter und befindet sich im zweiten Stock. Außerdem ist sie erstaunlich ruhig und geht auf einen netten Innenhof hinaus. Ich wollte auf jeden Fall Altbau, am besten mit über vier Metern Raumhöhe und Parkett und Flügeltüren und was sonst so alles dazugehört. Das spielt's hier nicht, aber trotzdem fand ich die Wohnung schon beim ersten Betreten ganz bezaubernd. Nur den Laminatboden mag ich überhaupt nicht. Und die kleinen Türen sind auch nicht meins. Ein Raum mehr wäre fein, und vielleicht ein Balkon oder ein kleiner Garten. Aber solange ich hier sein kann, bleib ich einmal.

Mein größter Traum ist es, in einem runden Turm zu wohnen, weil man in einem runden Zimmer ganz anders mit Proportionen umgehen muss. Und es geht bei einem Turm natürlich auch um Aussicht, um Weite. Wo der Turm stehen sollte? Da gäbe es mehrere Möglichkeiten. Vielleicht in Griechenland? Mal sehen.

Wohnen bedeutet mir sehr viel. Ich brauche meinen Platz. Wenn ich drehe, sind die Tage so ausgefüllt, dass man einfach durch den Wind ist. Und gerade dann empfinde ich es als unglaublichen Luxus, ins eigene Bett fallen zu dürfen und nicht in irgendein Hotel zu müssen. Ich nehme Räume auf, ich denke über Licht und Schatten nach, suche nach einer Optimierung des Raumes. Die Fragen lauten: Wo sitze ich? Wie verlaufen die Symmetrien? Wo liegt der Schwerpunkt? Ich mag gern Fluchten, schau von einem Zimmer ins andere. Es geht darum herauszufinden, welche Fähigkeiten ein Haus hat und diese wachzukitzeln. Dass ich mich damit beschäftige, liegt vielleicht auch daran, dass mein Vater Architekt ist.

Besuch hab ich wenig. Dabei hätte ich gern öfters Gäste. Ich glaub, ich müsste wohl aktiver sein. Offensichtlich bin ich in dieser Hinsicht einfach zu faul. Und irgendwie ist es auch noch nicht bis in meinen Bekanntenkreis vorgedrungen, dass man bei mir einfach vorbeikommen kann. Aber das wird schon noch. Früher hab ich diesbezüglich ganz anders gelebt. Ich hab mit meinem damaligen Mann und meinem Sohn in einem aufgelassenen Bahnhofsrestaurant südlich von München gewohnt. Dort gab es auch einen Garten mit 3000 Quadratmetern und viel Wald.

Beim Drehen ist es sehr aufregend, wenn man in fremde Wohnungen kommt. Die Einblicke, die man da gewinnen kann, sind faszinierend. Die Reaktionen reichen dann von 'Jössas!' bis 'Wow!'. Ich hab mir früher gedacht, der Job eines Wanderweg-Markierers müsste toll sein. Location-Scout stelle ich mir auch interessant vor.

Die Räumlichkeiten spielen in unserem Metier eine große Rolle. Besonders spannend ist es, wenn ich jemanden spiele, der in sein eigenes Zuhause kommt. Es geht um die Frage: Was denken sich Ausstatter für meine Figur aus? Aber ich kann diesbezüglich auch ein bisschen mitreden. Als ich zum Beispiel die Julie Zirbner in Vier Frauen und ein Todesfall spielte, gab es in meiner Stube so hübsche gestickte Sprüche an der Wand. Ich hab die Ausstatterin gefragt, ob man die verkehrt aufhängen, also auf den Kopf stellen könnte. Das passte einfach viel besser zu dieser Figur." (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28./29.5.2011)