In der ORF-Pressestunde zeigte Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl wieder einmal, wie virtuos er seine Doppelrolle beherrscht: Er ist ja nicht nur Präsident der allgemein hoch geschätzten Wirtschaftskammer, sondern auch des in der Öffentlichkeit viel weniger präsenten, aber durchaus einflussreichen ÖVP-Wirtschaftsbundes.

So kann er sich aussuchen, welchen Hut er aufsetzen will, wenn er eine Frage beantwortet. Der überparteiliche Wirtschaftskammer-Mann Leitl kann deutlich sagen, dass die Regierung endlich regieren und reformieren soll - das müsste ein in eine Koalition verstrickter Parteimann natürlich ganz anders analysieren: Zwei Regierungsfraktionen, die zwar menschlich, aber nicht inhaltlich harmonieren, müssten sich trennen und andere Reformpartner suchen.

Aber den einzig zur Verfügung stehenden Partner FPÖ will ja nicht einmal der Wirtschaftsbündler - und der Wirtschaftskämmerer Leitl will ihn schon gar nicht.

Noch krasser wird es, wenn der Wirtschaftspolitiker Leitl fordert, dass ältere Arbeitnehmer ihre Hobbys hintanstellen und länger arbeiten sollen. Das würden viele tun, wenn der Arbeitseinsatz älterer Arbeitskräfte mehr Einkommen brächte. Aber genau das wollen die Unternehmer nicht: Sie nutzten in der Krise (gesetzlich mögliche) Pensionierungen zur Kostensenkung. Das ist aus politischer Sicht falsch - aber aus Sicht der Unternehmervertretung verständlich. Schön für Leitl, dass er da eine Doppelrolle spielen kann!